Zwangsneurotikerin
Zwangsneurotikerin
Sie wachte auf
Es war Morgen
der wohl strahlendste und farbenfrohste
Morgen
Sie sah ihn nicht
weinte
leise
um ihn
Dabei war er ja noch da, in seiner ganzen, wohlwollenden
Schönheit
(warum weint sie dann um ihn?)
Sie hatte diese Tiefen in sich
die man mit kristallklarem, blauen
Meereswasser
hätte füllen können
darin zu baden
zu funkeln
und zu schimmern
(warum tut sie es nicht?)
Doch ihre Tiefen waren finster
von Asche bedeckt, die in den Augen
brennt
(deshalb wollte ich nie hineinsehen)
Sie waren
energiegeladen
und
tot
Und sie schrien nach ihr
Wie ein schwarzes Loch
das alles verschlingt, was ihm zu nahe kommt
würden sie auch sie verschlingen
wenn sie es täte
(aber sie muss es ja nicht tun, oder?)
Die schwarzen Schluchten brüllten ihren
Namen
auch an diesem Morgen von tausend Zweifeln und Gewissensbissen
durchwuchert
aus ihrem schönen, jungen Körper heraus
Sie wollte aufstehen
frühstücken
den fruchtigen
Tag trinken
Doch hinter jedem Gedanken den sie fasste, lauerten die
Schreie
und grässlichen Grimassen
die den Abgründen entstiegen
Und sie musste ihnen jedes Mal in die
schwarzen Augen
sehen
an den Ort zurückgehen
die Zeit zurückdrehen
an den Ort zurückgehen
noch einmal nachsehen
ihre Taten wiederholen
sich in jedem Moment
wie in einem Dorngestrüpp
verheddern
noch einmal nachsehen
die Zeit zurückdrehen
und irgendwann
das Gesicht mit
Tränen
überlaufen, die ihre
Scham
geweint hatte
fortgehen
Sie wollte leben
(warum tut sie es dann nicht!)
Doch das Schwarz
das langsam auch
ihre schöne, junge Haut
rußig färbte
sodass viele schon meinten:
"Aber sie lässt sich ja vollkommen gehen,
wir sollten sie nicht mehr sehen..."
(haben sie nicht recht!?)
Das Schwarz
erstickte jeden ihrer
sehnsuchtsvollen Rufe nach
Freiheit
es hielt sie gefangen
in eisernen Ketten und
zwang
sie dazu, sich
belanglosen
irrationalen
surrealen
Ängsten
hinzugeben
(aber es zwingt sie doch niemand!!)
Sie blieb stumm
wurde immer stummer
Niemand konnte sie verstehen
(wie denn auch!?)
am wenigsten sie selbst
Sie blieb einsam
wurde immer einsamer
und wünschte sich
endlich das
Bewusstsein zu verlieren
Denn dann müsste sie
nicht sehen
nicht wissen
was sie tat
und was es bedeutete
Und dann müsste sie
sich selbst nicht derart
hassen
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