Bretter die die Welt bedeuten könnten wenn wir sie von unseren Stirnen los bekämen
Besetztes Haus,
so etwa 1987,
in einer Möchtegerngroßstadt der DDR.
Ein bunter Haufen
hoffnungslos anders denkender Optimisten
um einen Küchentisch herum.
Das Land geht bergab.
Man müsse was tun.
Die irrsinnigsten Bilder
flattern im Raum
bis Stille eintritt.
Plötzlich sagt einer „Volksoper!“
Und mancher lacht erschrocken auf
und mancher verschluckt sich am schalen Bier
und mancher verdreht die Augen bloß
und keiner sagt „wie meinstn das?“
„Nee wirklich! Man müsste alle,
die irgendwie
das Land verändern wollen,
zusammenrufen und aus den Gedanken
die uns ständig quälen
ein Stück machen, einen großen Gesang,
ein Massenspektakel, 'ne Volksoper eben.“
Nun. Es ist nicht so, dass wir damals,
bei aller Andersdenkerei,
nicht auch arbeiten gehen mussten.
Zumindest formal.
Langes Gerede, kurzer Sinn:
Niemand, also keiner, fand sich,
das Stück zu schreiben,
die ungeschriebenen Lieder
hat auch niemand vertont,
das Land ging mit uns bergab,
die Verhältnisse wandelten sich
(und nicht nur die der Geschlechter),
dem einen oder der anderen geht’s heut sogar besser.
Die Gruppe zerstob in alle Winde,
die Welt stand ja jedem plötzlich weit offen –
und trotzdem.
* * *
Saniertes Haus,
um 2022,
auf einem Dorf im ehemaligen Osten,
wo's jetzt keine Himmelsrichtung mehr gibt.
Einer am Schreibtisch
stellt zum sechshundertsechsundsechzigsten Male ernüchtert fest,
dass das Land den Bach runter geht.
Was denkt er – das Land? Die Welt!
Eigentlich müsste man was tun.
Der am Schreibtisch schaut
in sein mattes Spiegelbild und denkt:
Eine Oper, eine riesengroße Oper!
Eine weltumspannende Oper!
Und er summt seinem Spiegelbild zu:
„We are the World, we are the Children ...“
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