I.
Der Abendwind streicht übers Gras.
Zur Ruhe geht Schloss Esterhaz.
Der Hausherr sitzt beim Nachtbankett
fernab vom Wiener Hofparkett.
Ringsum nur ernstes Puszta-Schweigen
und feierlicher Mückenreigen.
Deswegen dehnt Fürst Nikolaus
den Sommerurlaub gerne aus,
bis schon die ersten Blätter taumeln
und lässt getrost die Seele baumeln.
Der Mundschenk gießt Tokaier nach,
dann ruft den Herrn das Schlafgemach.
In einem schallgedämmten Saal,
da seufzen in geheimer Qual
die angestellten Musikanten,
die fern von Freunden und Verwandten
im Lustschloss ihres Fürsten weilen,
um seine Einsamkeit zu teilen.
Um Lösung nicht verlegen ist
jedoch der Kammerkomponist.
Er hat den Gänsekiel gespitzt
und Noten ins Papier geritzt.
Das Neue mischt sich mit dem Schönen
darin in unerhörten Tönen.
Man übt mit heimwehkrankem Herzen
im matten Flackerlicht der Kerzen.
Der Maestro spricht: "Genug probiert!
Wenn dieses Stück nicht reüssiert,
so weiß ich nicht. Es soll ihm sagen,
was wir nicht auszusprechen wagen."
II.
Beim ersten goldnen Morgenstrahl
erscheint der Fürst im Musensaal.
Zu hören ist er stets geneigt,
was man ihm flötet oder geigt.
Schon klingt es in den Violinen.
Er nimmt sich flugs noch zwei Pralinen,
von denen er so gerne nascht,
da registriert er überrascht:
"Wie, ein Allegro in fis-Moll?
Wie fügt sich das ins Protokoll?
Man wird, auf Ehre und Gewissen,
ganz unwillkürlich mitgerissen!"
Es wogt ein Wechselspiel von Klängen,
die ungestüm zum Ziele drängen.
Der Pauker schlägt noch einmal drein,
dann packt er seine Noten ein.
Sein Part ist glücklich absolviert,
worauf der Mann sich retiriert.
Das Horn haucht seinen letzten Ton,
schleicht unter Bucklingen davon.
Bald zählt man auch die Oboisten
zum Kreise der im Saal Vermissten.
Was hier geschieht, enträtselt nur
der Autor dieser Partitur.
Zum Rinnsal wird der Fluss der Töne.
Auf dass sie dieses Opus kröne,
spielt tapfer noch die erste Geige
als letzte bis zur süßen Neige.
Nun fragt ein jeder sich beklommen:
"Wie hat der Fürst dies aufgenommen?"
Erteilt er eine scharfe Rüge?
Ein Lächeln spielt um seine Züge:
"Ich bin empfänglich für Scharaden
und durfte hier im Wohlklang baden,
will folglich Bläsern und auch Geigern
ihr gutes Recht nicht mehr verweigern.
Gleich morgen dürfen Sie verreisen,
daheim mit Ihren Liebsten speisen.
Und um Ihr Werk, mein lieber Haydn,
wird mich schon bald ganz Wien beneiden.
Es ist mein neuer Favorit.
Zur Tafel! Guten Appetit!"
Der Abendwind streicht übers Gras.
Zur Ruhe geht Schloss Esterhaz.
Der Hausherr sitzt beim Nachtbankett
fernab vom Wiener Hofparkett.
Ringsum nur ernstes Puszta-Schweigen
und feierlicher Mückenreigen.
Deswegen dehnt Fürst Nikolaus
den Sommerurlaub gerne aus,
bis schon die ersten Blätter taumeln
und lässt getrost die Seele baumeln.
Der Mundschenk gießt Tokaier nach,
dann ruft den Herrn das Schlafgemach.
In einem schallgedämmten Saal,
da seufzen in geheimer Qual
die angestellten Musikanten,
die fern von Freunden und Verwandten
im Lustschloss ihres Fürsten weilen,
um seine Einsamkeit zu teilen.
Um Lösung nicht verlegen ist
jedoch der Kammerkomponist.
Er hat den Gänsekiel gespitzt
und Noten ins Papier geritzt.
Das Neue mischt sich mit dem Schönen
darin in unerhörten Tönen.
Man übt mit heimwehkrankem Herzen
im matten Flackerlicht der Kerzen.
Der Maestro spricht: "Genug probiert!
Wenn dieses Stück nicht reüssiert,
so weiß ich nicht. Es soll ihm sagen,
was wir nicht auszusprechen wagen."
II.
Beim ersten goldnen Morgenstrahl
erscheint der Fürst im Musensaal.
Zu hören ist er stets geneigt,
was man ihm flötet oder geigt.
Schon klingt es in den Violinen.
Er nimmt sich flugs noch zwei Pralinen,
von denen er so gerne nascht,
da registriert er überrascht:
"Wie, ein Allegro in fis-Moll?
Wie fügt sich das ins Protokoll?
Man wird, auf Ehre und Gewissen,
ganz unwillkürlich mitgerissen!"
Es wogt ein Wechselspiel von Klängen,
die ungestüm zum Ziele drängen.
Der Pauker schlägt noch einmal drein,
dann packt er seine Noten ein.
Sein Part ist glücklich absolviert,
worauf der Mann sich retiriert.
Das Horn haucht seinen letzten Ton,
schleicht unter Bucklingen davon.
Bald zählt man auch die Oboisten
zum Kreise der im Saal Vermissten.
Was hier geschieht, enträtselt nur
der Autor dieser Partitur.
Zum Rinnsal wird der Fluss der Töne.
Auf dass sie dieses Opus kröne,
spielt tapfer noch die erste Geige
als letzte bis zur süßen Neige.
Nun fragt ein jeder sich beklommen:
"Wie hat der Fürst dies aufgenommen?"
Erteilt er eine scharfe Rüge?
Ein Lächeln spielt um seine Züge:
"Ich bin empfänglich für Scharaden
und durfte hier im Wohlklang baden,
will folglich Bläsern und auch Geigern
ihr gutes Recht nicht mehr verweigern.
Gleich morgen dürfen Sie verreisen,
daheim mit Ihren Liebsten speisen.
Und um Ihr Werk, mein lieber Haydn,
wird mich schon bald ganz Wien beneiden.
Es ist mein neuer Favorit.
Zur Tafel! Guten Appetit!"