Es war ein verflixter Tag. Bereits zum Frühstück hatte ihm der Postbote einen Mahnbescheid serviert. Seither quälte sich sein Gehirn mit der Frage, woher das geforderte Geld auf die Schnelle zu beschaffen sei.
Die Innenstadt quoll über vor Passanten. Eine gewittrige Wetterlage verwandelte die Menschen in einen quirlenden, aggressiven Pulk, unberechenbar und schier unüberschaubar. Er saß oben am Steuer eines städtischen Omnibusses und versuchte, in dem Chaos den Überblick und die Ruhe zu bewahren. Seine Gedanken kreisten lustvoll um seinen Feierabend. Doch bis dahin hatte er noch viele Runden zu drehen.
Jetzt chauffierte er sein Gefährt in eine Haltebucht. Ein Menschenknäuel löste sich blitzartig in Einzelwesen auf, die in Reihe zu dem Einstieg drängten. „Ausgerechnet!“, murmelte er. Und er meinte damit die junge Frau mit dem wuchtigen Kinderwagen, für den er jetzt den mittleren, breiten Einstieg öffnen musste. Er seufzte und merkte, wie ihm die Ungeduld kribbelnd bis in die Haarspitzen kroch. Endlich waren alle drin, saßen auf einem der Plätze oder hatten einen sicheren Stehplatz gefunden. Mit einem Geräusch, als pusteten sie mengenweise zusammengepresste Luft aus, schlossen sich die Türen. Er schaute kontrollierend in die Rückspiegel. Nun richtete sich der Bus auf und rollte zum Ende der Haltebuch, um sich in den fließenden Straßenverkehr einfädeln zu können. Aus einem Augenwinkel sah er in einiger Entfernung auf dem rechten Bürgersteig einen hellen Mantel heranwehen. Darin steckte eine Frau, die es offensichtlich sehr eilig hatte. Er ahnte warum, denn die Frau steuerte geradewegs auf den anfahrenden Bus zu. Immer wieder dasselbe, ging es durch seinen Kopf. Wozu gibt es Fahrpläne? Wenn er für alle Zuspätkommer noch einmal anhielte, würde er eine immense Verspätung einfahren und womöglich seine Kündigung.
Eine endlos vorbeiziehende Reihe von Fahrzeugen verhinderte das Ausfahren. Inzwischen war die Frau herangekommen. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und winkte dabei abwehrend mit der rechten Hand. Da traf ihn ihr Blick. Ungläubigkeit und die Enttäuschung über menschliches Unverständnis lagen darin und noch etwas, wofür er keine Bezeichnung fand. Er konnte es sich nicht erklären, was in diesem Moment in seinem Inneren geschah. Im Außenspiegel sah er, dass die Fahrbahn nun frei war. Er konnte losfahren. Er fuhr nicht los. Er öffnete die Einstiegstür. Der Bus neigte sich. Die Frau in dem hellen Mantel flog ins Innere und schenkte ihm dabei ein wunderbares Lächeln.
© Jutta Gornik
Die Innenstadt quoll über vor Passanten. Eine gewittrige Wetterlage verwandelte die Menschen in einen quirlenden, aggressiven Pulk, unberechenbar und schier unüberschaubar. Er saß oben am Steuer eines städtischen Omnibusses und versuchte, in dem Chaos den Überblick und die Ruhe zu bewahren. Seine Gedanken kreisten lustvoll um seinen Feierabend. Doch bis dahin hatte er noch viele Runden zu drehen.
Jetzt chauffierte er sein Gefährt in eine Haltebucht. Ein Menschenknäuel löste sich blitzartig in Einzelwesen auf, die in Reihe zu dem Einstieg drängten. „Ausgerechnet!“, murmelte er. Und er meinte damit die junge Frau mit dem wuchtigen Kinderwagen, für den er jetzt den mittleren, breiten Einstieg öffnen musste. Er seufzte und merkte, wie ihm die Ungeduld kribbelnd bis in die Haarspitzen kroch. Endlich waren alle drin, saßen auf einem der Plätze oder hatten einen sicheren Stehplatz gefunden. Mit einem Geräusch, als pusteten sie mengenweise zusammengepresste Luft aus, schlossen sich die Türen. Er schaute kontrollierend in die Rückspiegel. Nun richtete sich der Bus auf und rollte zum Ende der Haltebuch, um sich in den fließenden Straßenverkehr einfädeln zu können. Aus einem Augenwinkel sah er in einiger Entfernung auf dem rechten Bürgersteig einen hellen Mantel heranwehen. Darin steckte eine Frau, die es offensichtlich sehr eilig hatte. Er ahnte warum, denn die Frau steuerte geradewegs auf den anfahrenden Bus zu. Immer wieder dasselbe, ging es durch seinen Kopf. Wozu gibt es Fahrpläne? Wenn er für alle Zuspätkommer noch einmal anhielte, würde er eine immense Verspätung einfahren und womöglich seine Kündigung.
Eine endlos vorbeiziehende Reihe von Fahrzeugen verhinderte das Ausfahren. Inzwischen war die Frau herangekommen. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und winkte dabei abwehrend mit der rechten Hand. Da traf ihn ihr Blick. Ungläubigkeit und die Enttäuschung über menschliches Unverständnis lagen darin und noch etwas, wofür er keine Bezeichnung fand. Er konnte es sich nicht erklären, was in diesem Moment in seinem Inneren geschah. Im Außenspiegel sah er, dass die Fahrbahn nun frei war. Er konnte losfahren. Er fuhr nicht los. Er öffnete die Einstiegstür. Der Bus neigte sich. Die Frau in dem hellen Mantel flog ins Innere und schenkte ihm dabei ein wunderbares Lächeln.
© Jutta Gornik