Aktuelles
Gedichte lesen und kostenlos veröffentlichen auf Poeten.de

Poeten.de ist ein kreatives Forum und ein Treffpunkt für alle, die gerne schreiben – ob Gedichte, Geschichten oder andere literarische Werke. Hier kannst du deine Texte mit anderen teilen, Feedback erhalten und dich inspirieren lassen. Um eigene Beiträge zu veröffentlichen und aktiv mitzudiskutieren, ist eine Registrierung erforderlich. Doch auch als Gast kannst du bereits viele Werke entdecken. Tauche ein in die Welt der Poesie und des Schreibens – wir freuen uns auf dich! 🚀

Feedback jeder Art Der Lauf der Dinge

Hier gelten keine Vorgaben mit Ausnahme der allgemeinen Forenregeln.
  • Sternwanderer
    letzte Antwort
  • 4
    Antworten
  • 617
    Aufrufe
  • Teilnehmer
Der Lauf der Dinge
 
 
Es Brummsummte eine Hummel
träg an einem Frühwintertag
mir war klar: sie hat sich verflogen
 
Ihr gesummtes Brummen lockte
ein kleines Bienchen dazu
sie flatterte aufgeregt und mir war klar: sie friert
 
Die Flügelschläge der jungen Biene
das aufgeregte Rauf und Runter erzeugte
einen Miniblizzard und ich wusste: es wird eisig
 
Der Eissturm fegte in Miniatur
über die brach liegende Gartenlandschaft
der Hummel und Bienchen zusammenrücken ließ
dicht bei dicht die bibbernden kleinen Körper
die verkleidet schienen ihr gelbschwarzes Kleid ist bedeckt
mit einem zarten Hauch aus Weiß und ich wusste: sie werden sterben
 
Das Brummsummsen wurde leiser
die Bienenflügel erlahmten und das Bibbern ebbte ab
nur der weiße Hauch wurde schön und schöner
auf wundersame Weise bildeten sich fragile Kristalle
die erschufen herrlichste Skulpturen und glitzernde Gebilde
an den steifen Wesen die sich harmonisch einfügten in die Winterwelt
in der sich Grausamkeit und Barmherzigkeit die Waage halten
bei Mutter Natur die weise ist in ihrem Tun
und ich ahnte schon immer: der Tod kann schön sein.
 
© Sternwanderer
 
 
 
 
"Das Brummsummsen wurde leiser"...
Eine schöne onomatopäische Wortschöpfung.
Schöpfungen wie diese, wie das ganze Gedicht, ist was ich in literarischen Foren suche.
Nur am Schluss gibt es eine Wertung, allerdings eine lyrische, positive, zum Nachdenken anregende Wertung.
 
Hallo Carlos,
 
dein Lob freut mich.
 
Ich schätze dich sehr wegen deiner Belesen- und Weisheit.
 
Ja, diese Wertung entspringt meiner Überzeugung und wenn ich zum Nachdenken anregen konnte finde ich das sehr schön.
 
 
LG Sternwanderer
 
 
Hallo Sternwanderer,
 
eine ganz faszinierende Beobachtung, die aus deinen Worten spricht. Auf der einen Seite schildert LI lediglich das "Beobachtbare" und zum Schluss jeder Strophe folgt, in steigender Spannung, eine wertende Reflektion.
Der Aufbau erhält dadurch eine klare Struktur, der ich gut folgen kann. Nicht jeder Blick ist "vorgeformt", bis zum letzten Vers kann ich jede Strophe für sich wirken lassen, die bloßen Bildern nachspüren.
Lediglich die Wahl der Worte stellt natürlich immer eine Wertung dar, aber dies in der Dichtung zu vermeiden ist auch schwer. Und wozu auch..
 
Die Steigerung von "mir war klar" - "ich wusste" - "ich ahnte schon immer" zeigt in meinen Augen eine große Demut. LI erkennt all dies, hinterfragt sich selbst aber zugleich. Erst die Bestätigung der Realität lässt das LI diese Sätze ausformulieren. Dabei scheint "ich ahnte schon immer" im Grund schwächer als eine Aussage wie "ich wusste". Aber dieser letzte Punkt ist zugleich der Bedeutendste von allen! Diese Ahnung von einer Schönheit des Todes erleben wir selbst als gewagt und wagen es daher doch kaum, sie nur klar zu denken, geschweige denn so auszusprechen. Auch die gesellschaftliche Moralvorstellung ist konträr, und das versucht man in der Regel zu vermeiden. Der Tod ist etwas Schlimmes, schreckliches, ja sogar hässliches. Oder?
Oder vielleicht nur "Der Lauf der Dinge"? Wieso sollte der Tod weniger schön sein, als das Leben?
Jedenfalls wagt es LI letztlich, diese Gedanken auszusprechen, diese Ahnung sich selbst (und vielleicht anderen) gegenüber zu bestätiten.
 
Ein paar Stellen sind mir aufgefallen:
 
träg am einem Frühwintertag ---> trägt an einem Frühwintertag
 
der die Hummel und das Bienchen zusammenrücken ließ ---> (nur eine Idee): der die Hummel und das Bienchen zusammenrücken ließ
 
in der sich Grausam und Barmherzig die Waage hält ---> in der sich Grausamkeit und Barmherzigkeit die Waage halten (-halten- weil es Plural ist. Und -Grausam- oder -Barmherzig- als Adjektive ergibt wenig Sinn, weil ein oder mehrere Subjekte gefragt sind..)
 
und ich ahnte schon immer: der Tod kann auch schön sein ---> und ich ahnte schon immer: der Tod kann auch schön sein
(Das "kann" drückt bereits die Möglichkeit aus, mit dem "auch" scheint dies doppelt-gemoppelt. Mmh.. mE kann diese Aussage ebenso gut ohne "auch" stehen, aber wie immer - deine Entscheidung!)
 
 
Wow, ich habe nun einiges zum Nachdenken. Manchmal stoße ich auf Texte die aus mir selbst verborgenen Gründen mehr in mir Wirken und Bewegen als viele andere.. gefällt mir wirklich gut.
 
Liebe Grüße Lichtsammlerin
 
 
Hallo Lichtsammlerin,
 
vielen Dank für deine umfassenden Gedanken zu meinem Text, in denen du meine Intension klar erfasst hast.
 
Wie gut, dass du eine aufmerksame Leserin bist und ich somit einiges auszubessern habe aus Gründen, die sich mir allesamt erschließen.
 
Danke dafür!
 
 
Ein Dankeschön an die stillen Likevergeber: @Josina  @Gina @anais  @Berthold  @Kurt Knecht
 
 
LG Sternwanderer
 
 
  • Sternwanderer
    letzte Antwort
  • 4
    Antworten
  • 617
    Aufrufe
  • Teilnehmer
Zurück
Oben