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Feedback jeder Art Die Offenbarung der Tiefe - der Marsch in die Unterwelt Zweiter Teil: Das Tor der Feuerlande

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  • schnolledotz
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Die Offenbarung der Tiefe - der Marsch in die Unterwelt

Zweiter Teil: Das Tor der Feuerlande

Da der Prophet die Worte des Nergalon vernommen und in seiner Weisheit die List des Fürsten durchschaut hatte, fasste er einen Plan von solcher Kühnheit, dass kein Mensch zuvor je an ein derartiges Werk gedacht hatte. Er gedachte nicht, die Dämonen in die Welt der Lebenden zu rufen – nein, er selbst wollte in ihr Reich hinabsteigen, um dort das Chaos an seiner Wurzel zu brechen und die Unterwelt für Glanzhall zu erobern.

So zog er gen Osten, über Gebirge und Täler, bis tief in die Feuerlande, eine aschige Einöde, verbrannt von uralten Schlachten, wo der Boden rissig und rot ist und aus den Felsen Rauch und Schwefel quillt. Dort, inmitten der glutverbrannten Ebene, ließ er sein Lager errichten.

Der Prophet sandte Boten aus in alle Städte und Dörfer Glanzhalls. Er rief die mächtigsten Kleriker der Kathedrale, die weisesten Magier der Akademien, die geschicktesten Baumeister der Gilden. Sie alle sollten sich in den Feuerlanden versammeln, um ein Werk zu vollbringen, das größer war als jedes seit den Tagen des Sieges über Xyloth.

Und so geschah es, dass Tag um Tag neue Karawanen eintrafen: Priester in weißen Gewändern, Magier, deren Stäbe in Sternenfeuer glühten, Baumeister, die mit Hammer, Amboss und Runenstein ganze Berge formen konnten. Sie errichteten Werkhallen, Schmieden und Tempel, und inmitten der aschigen Ebene begann das Werk des Portals.

Gleichzeitig rief der Prophet die Bannerträger aller Provinzen Glanzhalls. Er ließ Legionen von Soldaten aufmarschieren, Männer und Frauen, die Eid und Klinge dem Licht verschrieben hatten. Vor der Baustelle des Portals erhob sich eine Bastion von ungeheurer Größe. Türme und Mauern aus schwarzem Basalt, gesichert mit Bannzeichen, ragten in die Höhe. Was zunächst nur eine Festung war, wuchs in sechs Monaten zur Stadt heran: Straßen, Marktplätze, Kasernen, Speicher, selbst eine Kathedrale wurden errichtet, um die gewaltige Streitmacht zu fassen, die sich dort versammelte.

So standen nach einem halben Jahr hundertundfünfzigtausend der besten Männer und Frauen des Reiches bereit. Es war die größte Versammlung an Streitern, die Glanzhall jemals gesehen hatte: Regiment an Regiment, Banner an Banner, die Schilde glänzend, die Speere aufgerichtet, die Kanonen poliert.

Inmitten dieser gewaltigen Macht erhob sich das Portal. Es war ein Bogen aus schwarzem Stein, sechzig Fuß in der Breite und einhundertsiebzig Fuß hoch, behauen mit Runen und Siegeln, die in purpurnem Feuer glommen. Über Monate hinweg hatten Kleriker und Magier gemeinsam gewirkt, hatten Psalme gesungen und Zauber gewoben, hatten Opfer gebracht an Blut, Schweiß und Tränen. Und nun war das Tor bereit, sich zu öffnen.

Doch es verlangte ein Opfer, das größer war als alle bisherigen.

Denn das Portal konnte nicht erweckt werden durch Eisen und Feuer allein, sondern nur durch den Preis einer Seele, die rein und mächtig genug war, um die Schranken zwischen den Welten zu brechen.

Und siehe, da trat hervor der Hohepriester Chibi Chalma der Erste, Träger des Lichts, der Gerechte, der Glanzhall seit Jahrzehnten in Andacht und Strenge geführt hatte. Er kniete vor dem Portal, die Hände zum Himmel erhoben, und sprach mit gewaltiger Stimme:

„O Glanzhall, meine Heimat! O Prophet, mein Führer! Ich gebe, was ich bin, damit das Reich vollende, was das Licht ihm bestimmt hat. Möge meine Seele das Tor schlagen, möge mein Geist zum Schlüssel werden, der die Pforte zur Tiefe öffnet!“

Und er stieß einen Dolch in seine Brust, während die Priester um ihn herum die Hymnen des Weltenbrandes sangen. Sein Blut floss auf die Runen des Bodens, und in diesem Augenblick begann die Erde zu beben.

Ein Grollen erhob sich, tief und furchterregend, so dass selbst die festesten Mauern der Bastion erzitterten. Aus den Runen des Tores stieg ein purpurnes Leuchten empor, das sich wie Rauch in den Himmel wand. Bald füllte ein lila Dunst das Innere des Tores, als sei ein Nebel von einer anderen Welt in die irdische gefahren.

Dann, langsam, schälte sich aus dem Nebel ein Bild. Schemenhafte Umrisse, Zinnen und Türme von obsidianem Stein, Flüsse von Feuer, Berge aus Asche – die ersten Konturen der Unterwelt.

Die Soldaten verharrten in Ehrfurcht und Furcht zugleich. Man hörte das Heulen ferner Stimmen, man spürte den Atem der Tiefe, und dennoch standen sie fest, denn ihr Prophet war bei ihnen.

Da erhob der Prophet sein Schwert und sprach:
„Das Tor ist geöffnet! Die Unterwelt liegt vor uns! Nun ist die Stunde gekommen, da wir nicht länger warten, da wir nicht länger verteidigen – nun ziehen wir hinab, um das Chaos selbst zu bezwingen und das Licht auch in den dunkelsten Abgrund zu tragen!“

Und hundertfünfzigtausend Kehlen antworteten ihm mit einem Ruf, der wie ein Sturm durch die Feuerlande rollte:
„Glanzhall! Glanzhall! Glanzhall!“

Das Tor war offen. Der Weg war frei.
 
  • schnolledotz
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