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Feedback jeder Art Die Reise von Josef Maren Teil 7

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  • Isi vom Randeberg
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Die Reise von Josef Maren Teil 7

Tagebucheintrag von Josef Maren, Unteroffizier auf der Erzengel Flammensang 27.08.966.JdL


Ich habe gezögert, die Feder in die Hand zu nehmen. Meine Finger zittern, nicht nur vom Schock, sondern von der Müdigkeit, die nach dieser Schlacht in meinen Knochen sitzt. Und doch zwinge ich mich. Ich muss schreiben. Ich muss ein Zeugnis hinterlassen, damit nicht alles, was heute geschehen ist, irgendwann in den Nebeln der Erinnerung zerrinnt.

Heute Morgen, als die Sonne sich über die Berge von Eisfall erhob, glaubte ich noch, es würde ein Tag wie viele unserer endlosen Patrouillen werden. Der Himmel war klar, die Wolken lagen wie ein Meer aus Milch unter uns, und unten zog sich der Grenzfluss wie ein silbernes Band durch das Land. Für einen Augenblick wirkte alles so friedlich, so, als wäre Krieg nichts weiter als ein ferner Traum.

Doch dann heulten die Glocken. Scharf, schrill, gellend. „Feind voraus! Feind voraus!“ Die Worte hallten durch die Rohre des Schiffes, stachen in meinen Kopf wie Messer. Ich stürzte aus meiner Kabine, stolperte fast über die Stufen, während die Männer wie ein Schwarm aufgescheuchter Vögel nach oben rannten.

Als ich das Deck erreichte, sah ich es. Den Himmel, wie ich ihn noch nie gesehen habe.

Drachen. Hunderte. Vielleicht waren es nicht so viele, doch so erschien es mir – ein Sturm aus Flügeln und Schuppen, der über die Wolken brach. Sie kamen in Wellen herabgestürzt, schwarz und blutrot, manche so groß wie Häuser. Ihre Schwingen zerrissen die Wolken, und auf ihren Rücken saßen die Reiter Eisfalls, gehüllt in Fell, Kettenpanzer und Eisenmasken. Sie schrien, als hätten sie den Wahnsinn selbst in den Lungen, und schwangen Speere, Äxte und Armbrüste.

Der Himmel selbst verwandelte sich in ein Inferno. Unsere Flaks eröffneten das Feuer. Ein Rattern wie tausend Trommeln, Salve um Salve, so laut, dass ich nichts mehr hören konnte außer diesem Donner. Ich sah Granaten in den Schwärmen explodieren, Drachen zerfetzt, Flügel zerbrochen, Reiter, die schreiend in die Tiefe stürzten. Und doch: Sie kamen immer weiter, als wollten sie uns verschlingen.

Einer von ihnen – ein Ungeheuer, größer als jedes Vieh, das ich je sah – brach durch unsere Verteidigung, getroffen, aber nicht tot. Er stürzte herab, direkt auf unser Deck. Ich schwöre, er war so groß wie ein Haus im Industrieviertel. Sein Leib krachte auf die Planken, Flammen brachen aus seinem Maul, Männer schrien und wurden unter seinem Gewicht zerquetscht. Ich stand wie erstarrt, unfähig, mich zu rühren. Der Gestank verbrannten Fleisches ließ mir den Magen umstülpen. Erst da erwachte ich aus meiner Starre und rannte hinunter zu meinem Kanonendeck.

Dort warteten meine Männer auf mich, nervös, aber bereit. Ich wusste, dass unsere Kanonen gegen Drachen nutzlos waren, zu träge und ungenau. Aber in meinem Inneren spürte ich, dass dies nur der Auftakt war. Etwas Größeres musste kommen.

Und es kam.

Kaum hatten wir die Drachen abgewehrt, kaum konnten wir wieder atmen, da erschienen sie am Horizont: die wahren Giganten Eisfalls. Drei Schlachtschiffe, größer als jedes Seraphim-Schiff. Ihre Rümpfe glänzten wie Eisberge, ihre Brücken ragten wie Burgen gen Himmel. Das waren keine Schiffe sondern fliegende Festungen.

Dann öffneten sich ihre Kanonenluken. Reihe um Reihe, wie hungrige Mäuler. Und der Himmel bebte, als sie zu feuern begannen.

Das Donnern war nicht von dieser Welt. Es war, als würde der Himmel selbst zerbrechen.

Unsere Flotte formierte sich, so gut sie konnte. Schiffe drehten, flankierten den Feind, die Kanonen wurden ausgerichtet. Und dann begann er: der Tanz des Todes.

Feuerlinien rissen durch die Luft. Geschosse so groß wie Männer schlugen in die Rümpfe ein, zerfetzten Decks, zerschmetterten Masten. Die Flammensang bebte unter meinen Füßen, als wir zurückfeuerten. Meine Männer luden, schwitzten, schrien, stießen Granaten nach vorn, der Schweiß tropfte von den Gesichtern. Salve um Salve donnerten wir hinaus, und jedes Mal fühlte es sich an, als würde die Flammensang endgültig nachgeben. Doch sie hielt stand.

Ich riss mich immer wieder aus meinen Gedanken. Ich sah Blut, ich sah Kameraden, die in Stücken zu Boden gingen, ich hörte Schreie, die nicht mehr menschlich klangen. Und doch brüllte ich immer nur dieselben Worte: „Laden! Zielen! Feuer!“ Es war alles, was wir tun konnten.

Neben uns wurde die Erzengel Dämmersturm getroffen. Eine volle Salve der Eisfall-Schiffe riss ihre Flanke auf. Ich hörte das Kreischen berstenden Metalls, sah, wie Männer von glühenden Splittern durchbohrt wurden und wie Flammen in einem Augenblick über die Decks fraßen. Brennende Kameraden sprangen schreiend über die Reling in die Tiefe, ihre Körper zu Fackeln geworden, die im Sturz verlöschten.

Dann die Explosion, gleißend wie die Sonne selbst. Für einen Moment war die Dämmersturm nichts als ein flammender Stern am Himmel, ehe sie zerbarst. Holz, Eisen, Fleisch – alles regnete in einem grausamen Sturm zurück auf die Erde. Der Himmel selbst schien zu zerreißen, als die Rauchschwaden die Sonne verschlangen.

In diesem Augenblick brach etwas in mir. Seit meiner Kindheit habe ich die Seraphim-Schiffe verehrt, sie als unzerstörbar geglaubt, als ewige Zeichen der Macht Glanzhalls. Und doch sah ich nun, wie eines von ihnen, ein stolzer Erzengel, binnen Minuten vernichtet wurde, mitsamt all den Männern, die an Bord gedient hatten. Es war, als hätte jemand den Grundpfeiler meines Glaubens erschüttert – und zum ersten Mal begriff ich, dass auch die Flammensang das gleiche Schicksal ereilen könnte. Dass auch wir in einem einzigen Augenblick zu Rauch und Asche werden könnten.

Vier Stunden dauerte die Schlacht. Vier Stunden, in denen die Welt nichts anderes war als Rauch, Feuer und Donner. Ich habe das Gefühl, vier Leben in diesen Stunden gelebt zu haben.

Doch dann, endlich, wendete sich das Blatt. Wir sahen sie fallen – die Giganten Eisfalls. Einer zerbrach mitten in der Luft, Feuer fraß seinen Bauch, er stürzte wie ein brennender Komet in die Tiefe. Ein zweiter, schwer getroffen, taumelte und brach auseinander, ehe er die Wolken erreichte. Nur einer entkam, schwer beschädigt, aber noch flugfähig – er wird Eisfall warnen, davon bin ich sicher.

Wir haben gesiegt. So sagen sie. Ein Schiff verloren, Hunderte Männer tot – und doch nennen es die anderen Offiziere „geringe Verluste“. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Eins aber weiß ich: Dies war nur der Anfang. Eisfall hat uns ein paar seiner Drachen geschickt, ein paar seiner Schiffe. Aber das, was kommt, wird größer sein. Härter. Blutiger. Und wir sind die erste Welle – vielleicht kehrt keiner von uns zurück. Vielleicht werden wir zerschmettert, ehe wir die Zitadelle sehen.

Ich denke an Liam. Ich habe in den Himmel gebetet, dass er mich hört. Vielleicht hat er gesehen, wie die Drachen fielen. Vielleicht hat er gesehen, wie die Schiffe Eisfalls brannten. Und vielleicht sieht er auch, wie ich bald falle.

Doch wenn es so kommt, will ich nicht wie ein namenloser Matrose vergehen. Wenn ich falle, dann soll die Welt meinen Namen kennen. Josef Maren. Unteroffizier der Flammensang. Der, der das Donnern gehört und das Feuer gesehen hat. Der, der nicht zurückwich, als der Himmel selbst in Flammen stand.

Und wenn ich sterbe, dann nicht leise. Sondern mit Feuer im Herzen.
 
Hallo Isi, da ist man mittendrin in diesem Inferno, fragt sich immer wieder, warum so, warum nicht anders aber heutzutage ist es doch auch nicht anders, nur die Waffen haben sich geändert.
Heute subtil, mit hochfrequenten Tönen und den unterschiedlichsten gasförmigen Substanzen, das werden ganz andere Schlachten sein aber eines bleibt immer gleich. Es sterben sehr viele in einem Krieg und es gibt immer Überlebende und einige Helden, so wird es zumindest propagiert.
Was ist wenn Eisfall fällt und nichts ist mehr da, was missioniert werden muss.
Dann beginnt die Inquisition, dann sucht man innerhalb der eigenen Mauern nach Feinden, denn Feinde sind überall...

Liebe Grüße vom Fiete
 
lieber @Fiete686 ,
ja, Krieg bleibt immer gleich. Die Spieler und die Spielfiguren verändern sich, aber das Spiel bleibt das Selbe.
Und ein Reich wie Glanzhall wird immer einen Feind brauchen. Wenn es auf den Schlachtfeldern keine Feinde mehr gibt, werden welche in den eigenen Reihen gesucht. Nur so bleiben Diktaturen bestehen.
LG
 
  • Isi vom Randeberg
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