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Feedback jeder Art Die Stimmen der Mnemosyne

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  • Driekes
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Ein Hymnus über das Dichten, die Erinnerung und den Ursprung der Sprache



Ich schreibe nicht allein.
Ich lausche in den Zwischenraum,
wo Atem war, noch ehe ihn ein Wort ergriff.
Dort flüstern Töchter Mnemosynes
mit Stimmen aus dem ältesten Gesang.

Sie sprechen nicht – sie summen reines Licht,
sie weben Takte aus Erinnerung
und binden leise Klang an Götterflug.
Wer dichtet, trägt ihr leises Feuer,
wie eine Glut im offenen Herz.

Orpheus hört den dunklen Fluss,
der tief durch seine Stille zieht.
Er hebt den Blick nicht – Zeit bleibt scheu.
Sein Ton verweht im Zwischenraum,
wo Schatten ihre Namen tragen.

Die Muse singt nicht für den Ruhm.
Sie steigt herauf aus dunkler Tiefe,
dorthin, wo das Ungesagte wohnt.
Und wenn sie schweigt, beginnt der Vers –
dann fragt die Stille nach dem Ton.

Ich schreibe, ja – doch bin nur Hülle,
Gefäß, das einen Funken birgt.
Ein Lied, das durch mich atmet, wandert
weiter in den nächsten Mund.
Die Stimme bleibt. Der Dichter nicht.
 
Guten Tag Driekes,
was für ein anregender, aktivierender Text am frühen Morgen! Noch vor der Insulin-Spritze gelesen,
dann gleich Wikipedia durchblättert und durchscrollt, und mit einem sehr angenehmen Lese-Nachhall belohnt worden. Danke!
Irgendwie passt es gerade in meine Zeit. Seit Monaten beschäftige ich mich immer wieder mit Griechenland, seiner Geschichte, besonders der im 20. Jahrhundert, aber wer Griechenlands Kulturgeschichte anrührt, wird unweigerlich von der Antike berührt, den Göttergeschichten, den Heldenberichten, den Gründungsmythen von Städten und Völkern. Spannend.
Mein Ausgangspunkt ist Jannis Ritsos, eine meiner großen Lieben. So lese ich Griechenland rauf und runter, kreuz und quer, und stolpere plötzlich und unerwartet, unbeabsichtigt über vielleicht DEN Grund, weshalb vor ein paar Jahren in der vorerst letzten tiefen Griechenland-Krise die Milliarden-Forderung nach Wiedergutmachung für angetanes Unrecht des faschistischen Deutschland an Griechenland laut wurde.
Ja, danke für den neuen Input. Hat Spaß gemacht.

Liebe Grüße
von Vogelflug
 
Moin Vogelflug,

deine Zeilen haben mich sehr gefreut!
Besonders freue ich mich, dass sich meine Verse mit deiner Griechenland-Lektüre verweben konnten.
Ritsos ist ein wunderbarer Bezug – er trägt die Mythen in die Gegenwart, ohne ihre Tiefe zu verlieren.

Sein Bild vom Mond, der Schatten wachsen lässt und
vergessene Worte in den Staub des Klaviers schreibt, berührt auch mich –
fast wie ein Gruß aus Mnemosynes Zwischenräumen.

LG. Driekes
 
  • Driekes
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