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Feedback jeder Art Die Treppe

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  • Schmuddelkind
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Ein Mann ging die Stufen eines unendlich großen Treppenhauses hinauf. Zwar war seine Gangart nicht zutreffend als "Rennen" zu bezeichnen, doch war es deutlich zu erkennen, dass er sich beeilte. Da kam ihm eine Frau entgegen, die auf ihrem Weg nach unten auf dem Treppenabsatz Halt machen musste, um dem Mann ein Vorbeikommen zu gewähren. "Dankeschön. Zu freundlich!", sagte der Mann und blieb neben ihr auf dem Treppenabsatz stehen, als würde er sich für einen Moment von seiner Eile befreien, um sie zu einem kurzen Gespräch einzuladen.
"Kein Problem", erwiderte sie höflich und stieg eine weitere Stufe hinab, um sich dann zu ihm umzudrehen und sich zu informieren, wie weit es denn noch bis unten sei. "Etwa drei bis vier millionen Stufen", schätzte er. Für eine Weile verharrte sie und überschlug im Kopf: "Dann komme ich ja in einem Monat schon an." "Ja, das kommt hin", entgegnete der Mann, wünschte ihr noch einen unbeschwerlichen Abstieg und setzte sich erneut in Bewegung.
"Moment!", hakte die Frau nach: "Ich... Ich frage mich... Ist es denn nicht merkwürdig, wenn man weiß, dass man niemals ankommt?" "Schon irgendwie. Aber ist es denn nicht merkwürdiger, niemals losgegangen zu sein?" "Nun ja, auch das ist seltsam, muss ich zugeben. Dennoch gehe ich." "Ich auch", entgegnete der Mann und setzte seinen Weg mit gemächlicherem Gang fort.
 
Schön, liebes Schmuddelkind, dieser kurze Text über Ab- und Aufstieg zu schwer oder nicht erreichbaren Zielen.
Ich habe schon eine Idee für die Escher - Treppe.
 
Liebe Grüße  von gummibaum
 
Hallo Schmuddelkind!
 
Bist du schon mal die Siegessäule in Berlin "hochgekraxelt"? Eine Folter in Form spiraler Treppen bis zum Goldengelchen. Eingequetscht zwischen Leuten die sich an dir vorbeidrängeln. 
"Entschuldigung! Wie weit ist es noch bis rauf?", fragte ich die englische Dame, die auf den Weg runter war. 
Sie lächelte nur, als sie mich schnaufen sah, hob die Augenbrauen und sagte: "Good luck!"
"Verstehe...", sagte ich und lächelte matt. 
 
LG JC
 
Vielen Dank für eure Reaktionen, lieber gummibaum und lieber Joshua! :smile:
 
Schön, liebes Schmuddelkind, dieser kurze Text über Ab- und Aufstieg zu schwer oder nicht erreichbaren Zielen.
Freut mich, dass dich der Text erreichen konnte, wenn er auch vom Unerreichbaren handelt.
 
Ich habe schon eine Idee für die Escher - Treppe.
Das ist natürlich auch eine interessante Idee. Hast du da konkrete Vorstellungen? Würde gerne deine Gedanken dazu lesen...
 
Bist du schon mal die Siegessäule in Berlin "hochgekraxelt"?
Obwohl ich lange Zeit in Berlin gelebt habe, war ich tatsächlich nie auf der Siegessäule (den Eiffelturm bin ich aber mal hochgegangen - da kann man nämlich auch die Treppen statt des Fahrstuhls nehmen). Dennoch kenne ich solche Begebenheiten, wie du sie schilderst.
 
Ich erinner mich noch, dass ich als Kind auf einer Burg war. Ein großer Mann begann, die Wendeltreppe eines Burgturms aufzusteigen und stoß sich den Kopf an der recht tiefen Decke (bzw. der Wendeltreppe darüber). Sein Kommentar: "Scheiß Ritter!" :rofl2:
 
LG
 
Ein Prosatext kommt irgendwann später, aber ein erstes Gedicht zum Thema (es könnte auch "eingeeschert" heißen), hab ich schon mal, liebes Schmuddelkind:
 
 
Frei nach Escher
 
Eines Künstlers Vernissage
in der oberen Etage
des Museums lässt mich sehen,
dass wir nichts vom Raum verstehen.
 
Dann, im Treppenhaus des Baues,
sehe ich schon Ungenaues,
denn die Stufen, wie verschoben,
führen abwärts und nach oben.
 
Steige ich darauf jetzt nieder,
komm ich zum Museum wieder,
und die Straße zu den Linden
ist weit über mir zu finden.
 
Auch der Weg, den ich beschreite,
klebt nun an der Unterseite
dieser Treppe, deren Schleifen
endlos ineinander greifen.
 
Ängstlich hock ich auf den Stufen  
und beginne laut zu rufen,
doch anstatt mir Mut zu machen,
höre ich mein Echo lachen…
 
 
 https://michaelbach.de/ot/cog-impossHallucii/index-de.html         
   
 
 
 
 
 
Schön! Sowohl der Kurzfilm, als auch dein escheresques Gedicht, lieber gummibaum! :thumbup:
 
Besonders hat mir "führen abwärts und nach oben" gefallen, weil du das physikalisch Unmögliche durch die clevere Wortwahl sprachlich realisiert hast. "Abwärts" ist dabei die unmittelbare Richtung, in die die Treppe vom Betrachter aus führt, während sich "nach oben" auf das letztendliche "Ziel" bezieht. Nur genau in dieser Kombination wird deutlich, was eigentlich passiert, ohne dass die Widersprüchlichkeit des Bildes verloren geht. Schon beeindruckend, was du dir mit so einer kleinen Inspiration im Hinterkopf alles einfach so aus dem Ärmel schütteln kannst!
 
LG
 
Hallo Schmuddelkind!
 
Die Treppe... und der Sinn einen Weg zu beginnen. Ich höre so oft "Der Weg ist das Ziel" und diese Weisheit wird schnell zur Plattitüde..
Dein Protagonist scheint es eilig zu haben, und sinnvollerweise bleibt der Grund ungenannt. Allein das Ziel, die Richtung treibt ihn weiter.
Erst das Gespräch mit der Frau erinnert ihn daran, sich zu fragen, warum er geht. Warum er aufgebrochen ist.
Langweilige Menschen würden bei so einem gigantischen Treppenhaus den Fahrstuhl nehmen :whistling: Aber wir lernen einmal mehr - das Leben kennt keine Abkürzung!
Ist es denn nicht merkwürdig, wenn man weiß, dass man niemals ankommt?
Das ist interessant - überschlägt die Frau doch zuvor bereits im Kopf, dass sie in etwa einem Monat ankommen dürfte. Für mich geht daraus zweierlei hervor. Zum einen, dass die tatsächliche Dauer irrelevant ist, und zum anderen, dass das eigene Empfinden bzw. die Einstellung zum Weg alleiniger Maßstab ist.
 
Ich bin auf so manchen Wegen gegangen und bin auf vielen noch weit entfernt vom "Ziel". Und das wird schnell ermüdend. Dann will ich wie der Mann einfach blind ohne Nachdenken die Stufen hinauf laufen, so schnell wie möglich diesen Abschnitt hinter mich bringen. Es scheint, dass dabei der Weg nur länger wird..
Dann muss ich an Beppo den Straßenkehrer denken, immer Schritt für Schritt, die nächste Stufe, die übernächste usw.. Ich darf dabei auch mal das Ziel aus den Augen verlieren! Solange ich mich immer wieder daran erinmnere, warum und wofür ich diesen Weg gehe. Was mich bewogen hat aufzubrechen, und nicht stehen zu bleiben, wo es doch so merkwürdig ist, wenn man meint nie anzukommen.
 
Dennoch gehe ich." "Ich auch"
Hier festigt sich die Überzeugung beider, ihr Bewusstsein. Beiden ist klar geworden, dass es einen Sinn gibt aus dem sie gehen. Obgleich es merkwürdig ist. Oder eher gerade deswegen! Denn weil es diesen Grund, diesen Sinn gibt, wäre es ja umso merkwürdiger, den Weg gar nicht erst zu beginnen.
 
Sehr interessante Geschichte die im Grunde schon eine Lebensweisheit verkörpert. Zu oft verlieren wir uns doch im Höher, Weiter und Schneller dieser Zeit.
Solch eine Begegnung kann eine Rückbesinnung sein, die wohl jedem Menschen dann und wann gut täte..
Gerne gelesen!
 
Liebe Grüße Lichtsammlerin
 
Liebe Lichtsammlerin,
 
ich danke dir sehr für deine ausführliche Betrachtung und deine philosophischen Worte zu dem Gedicht. :smile:
 
Dein Protagonist scheint es eilig zu haben, und sinnvollerweise bleibt der Grund ungenannt. Allein das Ziel, die Richtung treibt ihn weiter.


Erst das Gespräch mit der Frau erinnert ihn daran, sich zu fragen, warum er geht. Warum er aufgebrochen ist.
Bemerkenswert ist ja, dass das Gespräch viel sinnvoller und interessanter ist als der Aufstieg. Insofern kann man wohl einen Schritt weiter gehen, als zu sagen, der Weg sei das Ziel: Es gibt Dinge, die man auf dem Weg erlebt, die es wert sind, anzuhalten, sein Ziel aus den Augen zu verlieren, den Weg außer Acht zu lassen. In solchen Momenten ist es wichtig, sich dem hinzugeben, was das Schicksal einem bietet, statt stur Kurs zu halten.
 
Ich bin auf so manchen Wegen gegangen und bin auf vielen noch weit entfernt vom "Ziel". Und das wird schnell ermüdend. Dann will ich wie der Mann einfach blind ohne Nachdenken die Stufen hinauf laufen, so schnell wie möglich diesen Abschnitt hinter mich bringen. Es scheint, dass dabei der Weg nur länger wird..
Ich denke, das Problem ist, dass nach dem Ziel das nächste Ziel kommt. Wenn man erstmal ein Ziel erreicht hat, sucht man sich ja ein neues und dann wieder ein neues... Insofern passt die unendlich lange Treppe wohl ganz gut dazu, wie wir meist das Leben betrachten, weil man zwar immer bemüht ist, anzukommen, aber im Grunde kommt man nie ganz an. Wenn man aber beginnt, die Freude am Gehen selbst zu spüren, ist man bereits angekommen. Dann ist man genau der, den man sein will und sein muss: Ein Reisender.
 
Beiden ist klar geworden, dass es einen Sinn gibt aus dem sie gehen. Obgleich es merkwürdig ist. Oder eher gerade deswegen! Denn weil es diesen Grund, diesen Sinn gibt, wäre es ja umso merkwürdiger, den Weg gar nicht erst zu beginnen.
Ja, selbst wenn man diesen Sinn nicht kennt, gibt es wohl immer einen. Manchmal entdeckt man diesen erst auf dem Weg und oft ist der Grund für seine Reise nicht das Motiv des Aufbruchs. Da muss man wohl flexibel genug sein, von seinen Plänen abzulassen, wenn das Schicksal etwas anderes mit einem vorhat.
 
Sehr interessante Geschichte die im Grunde schon eine Lebensweisheit verkörpert. Zu oft verlieren wir uns doch im Höher, Weiter und Schneller dieser Zeit.
Danke für dein Lob und deine sinnhafte Zusammenfassung des Textes. Ja, ich schätze, auf der Ebene lese ich die Geschichte auch. Das Leben ist keine Maximierungsaufgabe.
 
LG
 
 
  • Schmuddelkind
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