Ein nächtlicher Besuch
Werd nie erfahren,
was damals geschah.
Weiß nicht, wie mir zumute,
ob ich wachte oder schlief.
Mir träumte, ein Unsichtbarer
träte in mein Zimmer,
setzte sich ans Klavier
schwieg zuerst eine Weile,
dann, kaum hörbar, einfühlsam,
zart wie ein Windhauch
die ersten Töne
einer seltsamen Melodie.
Mehr und mehr schienen mir
Teile der Melodie bekannt.
Darin erkannte ich mich als Kind,
hüpfte fröhlich über die Tasten,
stürmte presto forte als junger Mann
in die Abenteuer der Welt.
Aus einzelnen Tönen quoll manch
Schmerzliches, verwehte allmählich.
Der Unbekannte spielte Stationen
meiner Lebensmelodie
mit den Höhen und Tiefen
einer nie gestillten Sehnsucht.
Im Innern fasziniert, versunken,
erwarte ich das noch offene Finale.
Doch der Pianist lässt den
augenblicklichen Part ausklingen.
Als ich zum Klavier schaue,
ist sein Stuhl leer.
(„Carolus“ in „poeten.de“ 01.11.2025)
Werd nie erfahren,
was damals geschah.
Weiß nicht, wie mir zumute,
ob ich wachte oder schlief.
Mir träumte, ein Unsichtbarer
träte in mein Zimmer,
setzte sich ans Klavier
schwieg zuerst eine Weile,
dann, kaum hörbar, einfühlsam,
zart wie ein Windhauch
die ersten Töne
einer seltsamen Melodie.
Mehr und mehr schienen mir
Teile der Melodie bekannt.
Darin erkannte ich mich als Kind,
hüpfte fröhlich über die Tasten,
stürmte presto forte als junger Mann
in die Abenteuer der Welt.
Aus einzelnen Tönen quoll manch
Schmerzliches, verwehte allmählich.
Der Unbekannte spielte Stationen
meiner Lebensmelodie
mit den Höhen und Tiefen
einer nie gestillten Sehnsucht.
Im Innern fasziniert, versunken,
erwarte ich das noch offene Finale.
Doch der Pianist lässt den
augenblicklichen Part ausklingen.
Als ich zum Klavier schaue,
ist sein Stuhl leer.
(„Carolus“ in „poeten.de“ 01.11.2025)