Gewoben in den Fäden der Zeit
Sonett-Trilogie in freier Anlehnung an ein Shakespeare-Sonett.
I. Was die Jahre wissen
Der junge Rebstock reckt sich durch die Zeit,
doch Tiefe schenkt ihm erst das späte Jahr.
Sein Wein wird süß, wenn Bitterkeit verzeiht,
wo Glut nicht brennt, doch wärmt – so wunderbar.
Die Jugend tanzt, ein flüchtiges Begehn,
ihr Rausch verweht, ehe er Wurzeln schlägt.
Die Jahre lehren: Was bleibt, ist geschehn,
nicht nur das Licht, das flüchtig sich verweht.
Wer alt ist, spürt den Fluss, der leise zieht,
kennt jene Spur, die Zeit ins Antlitz schreibt.
Und wer noch horcht, wenn sich das Jetzt verbiegt,
erkennt, was bleibt, wenn alles andre sich verliert.
So wandelt Glanz sich still in tiefen Ton –
und jedes Alter trägt sein Echo schon.
Sie tanzt im Licht, als wär’ es ewig hell,
kennt keine Schatten, die im Morgen ruhn.
Der Augenblick – ihr einz’ger klarer Quell,
vergisst die Zeit, das Schweigen, das Verbluhn.
Sie kennt das Warten nicht, das leise reift,
noch nicht die Kraft im zögernden Verzeihn.
Was tief in Furchen ruht, was leise schleift,
bleibt ihr verborgen hinter Glanz und Schein.
Sie hört das Schweigen nicht in alten Blicken,
liest nicht, was Hände sagen ohne Wort.
Noch flieht sie vor den sanften Augenblicken,
kennt nicht das „Schon“ vom „Für immer fort“.
Erst wer verliert, begreift, was dennoch bleibt –
und was nicht klingt, schreibt leise unser Sein.
Sie spricht in Dingen, die kein Name hält,
in Staub auf Scheiben, Licht an alten Wänden.
In Pausen, die sich zwischen Worte stellen,
in Blicken, die sich nicht mehr ganz verschenken.
Was Zeit verschweigt, ist nicht das tiefe Schweigen,
nicht Tod, nicht Ewigkeit, nicht leeres Land –
es ist der Zwischenraum, das sanfte Neigen,
wenn etwas schwindet, das noch keinen Namen fand.
Ein Lufthauch, wo Erinnerung verfliegt.
Ein Schatten, der nicht weiß, wohin er fällt.
Ein Ton, der in der Schwelle stille liegt,
bevor er Klang wird oder nicht mehr hält.
Was Zeit verschweigt, ist das, was wir nicht fragen –
und dennoch trägt es uns an allen Tagen.
Sonett-Trilogie in freier Anlehnung an ein Shakespeare-Sonett.
I. Was die Jahre wissen
Der junge Rebstock reckt sich durch die Zeit,
doch Tiefe schenkt ihm erst das späte Jahr.
Sein Wein wird süß, wenn Bitterkeit verzeiht,
wo Glut nicht brennt, doch wärmt – so wunderbar.
Die Jugend tanzt, ein flüchtiges Begehn,
ihr Rausch verweht, ehe er Wurzeln schlägt.
Die Jahre lehren: Was bleibt, ist geschehn,
nicht nur das Licht, das flüchtig sich verweht.
Wer alt ist, spürt den Fluss, der leise zieht,
kennt jene Spur, die Zeit ins Antlitz schreibt.
Und wer noch horcht, wenn sich das Jetzt verbiegt,
erkennt, was bleibt, wenn alles andre sich verliert.
So wandelt Glanz sich still in tiefen Ton –
und jedes Alter trägt sein Echo schon.
II. Was die Jugend nicht weißSie tanzt im Licht, als wär’ es ewig hell,
kennt keine Schatten, die im Morgen ruhn.
Der Augenblick – ihr einz’ger klarer Quell,
vergisst die Zeit, das Schweigen, das Verbluhn.
Sie kennt das Warten nicht, das leise reift,
noch nicht die Kraft im zögernden Verzeihn.
Was tief in Furchen ruht, was leise schleift,
bleibt ihr verborgen hinter Glanz und Schein.
Sie hört das Schweigen nicht in alten Blicken,
liest nicht, was Hände sagen ohne Wort.
Noch flieht sie vor den sanften Augenblicken,
kennt nicht das „Schon“ vom „Für immer fort“.
Erst wer verliert, begreift, was dennoch bleibt –
und was nicht klingt, schreibt leise unser Sein.
III. Was die Zeit verschweigtSie spricht in Dingen, die kein Name hält,
in Staub auf Scheiben, Licht an alten Wänden.
In Pausen, die sich zwischen Worte stellen,
in Blicken, die sich nicht mehr ganz verschenken.
Was Zeit verschweigt, ist nicht das tiefe Schweigen,
nicht Tod, nicht Ewigkeit, nicht leeres Land –
es ist der Zwischenraum, das sanfte Neigen,
wenn etwas schwindet, das noch keinen Namen fand.
Ein Lufthauch, wo Erinnerung verfliegt.
Ein Schatten, der nicht weiß, wohin er fällt.
Ein Ton, der in der Schwelle stille liegt,
bevor er Klang wird oder nicht mehr hält.
Was Zeit verschweigt, ist das, was wir nicht fragen –
und dennoch trägt es uns an allen Tagen.