Hallo Juls,
es ist quasi unmöglich, etwas wirklich Neues über den Herbst zu dichten. Kaum ein Gedicht darüber wird sich mit Rilkes Werk messen können.
Man versucht es trotzdem.
Es liegt in unserer Natur.
Auch die Vögel hören nicht auf zu zwitschern.
Jeder, der trauert, wird seinem Trauer Ausdruck verleihen.
Jeder Verliebte glaubt, die Liebe neu entdeckt zu haben.
Columbus entdeckte Amerika und glaubte, in Indien gelandet zu sein, deswegen heißen die Eingeborenen Amerikas Indios, Indianer.
Von den vier Jahreszeiten von Vivaldi ist am meisten der Frühling bekannt.
Es gibt Regionen in der Welt, wo es keinen Frühling, keinen Herbst gibt, nur Sommer und Winter, wobei der Winter nicht wie hier sondern durch starke Regenfälle geprägt ist.
Und voll mit giftigen Schlangen. Oder solche, wie die Anakonda, die größere Tiere verschlingen.
Da gibt es kaum Raum für die Entstehung zarter, melancholischer Gefühle.
Aber auch dort verlieben sich die Menschen und leiden und schreiben Liebesgedichte.
Borges brach mit dieser Tradition, seine Gedichte kann man mit denen von Enzensberger vergleichen.
Nun, man kann den Herbst nicht übersehen, das sagst du uns in deinem Gedicht und ermanhst uns, den Augenblick zu leben, den Tag, wie im bekannten lateinischen Spruch verkündet wird.
Liebe Grüße
Carlos