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Feedback jeder Art „Ich bin noch da, aber nicht mehr gemeint.“

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„Ich bin noch da, aber nicht mehr gemeint.“

Ich liege wach, während die Nacht sich ausbreitet wie ein Tuch über allem, was ich bin. Kein Geräusch, das mich ablenkt, kein Licht, das mir eine Richtung zeigt. Nur ich, die Decke, und das dumpfe Gefühl, dass etwas fehlt, ohne dass ich sagen könnte, was. Gedanken kommen nicht in Worten, sondern in Bildern, die sich nicht erklären lassen. Ein leerer Flur. Eine Tür, die nie geöffnet wurde. Ein Blick in den Spiegel, der nichts zurückgibt.

Ich frage mich, ob das Schweigen draußen dasselbe ist wie das in mir. Ob die Dunkelheit nur Abwesenheit ist – oder ein eigenes Wesen, das mich beobachtet, ohne zu urteilen. Vielleicht ist das das Ehrlichste an ihr: Sie verlangt keine Maske. Sie sieht mich, wie ich bin, und sagt nichts.

Die Zeit vergeht, aber ich spüre sie nicht. Nur das Gewicht der Minuten, die sich übereinanderlegen wie Staub auf alten Erinnerungen. Ich denke an Dinge, die ich nicht gesagt habe. An Menschen, die ich nicht mehr erreichen kann. An mich selbst, wie ich einmal war – oder vielleicht nie gewesen bin.

Und während alles ruht, beginnt etwas in mir zu wandern. Kein Ziel, kein Plan. Nur ein leises Tasten im Innern, als würde ich mich selbst suchen in einem Raum ohne Wände.


Manchmal glaube ich, dass die Nacht mehr weiß als ich. Sie trägt Dinge in sich, die ich längst vergessen wollte. Stimmen, die nie laut wurden. Entscheidungen, die sich wie Risse durch mein Inneres ziehen. Ich taste mich durch Gedanken, die keinen Anfang haben, nur ein Echo, das sich verliert, bevor es mich erreicht.

Ein Bild taucht auf: ein Fenster, beschlagen vom Atem eines anderen Lebens. Ich sehe es, aber ich war nie dort. Vielleicht ist Erinnerung nur ein Ort, den man erfindet, um nicht zu ertrinken. Vielleicht ist sie ein Versuch, Ordnung in das zu bringen, was nie geordnet war.

Ich spüre, wie sich etwas in mir zusammenzieht, nicht aus Angst, sondern aus dem Wissen, dass manche Fragen keine Antwort brauchen, nur Raum. Raum, um zu existieren, ohne gelöst zu werden. Die Dunkelheit bietet diesen Raum. Sie urteilt nicht, sie trägt.

Es ist seltsam, wie laut das Schweigen werden kann, wenn man ihm zuhört. Es spricht in Zwischenräumen, in Blicken, die nie stattfanden, in Berührungen, die nur gedacht wurden. Und doch ist da etwas Tröstliches in dieser Leere. Nicht weil sie füllt, sondern weil sie nichts verlangt.

Ich bleibe liegen. Nicht aus Müdigkeit, sondern weil es nichts gibt, wofür ich aufstehen müsste. Die Nacht ist noch da. Und ich bin es auch. Irgendwie.


Ich erinnere mich nicht an den letzten Moment, in dem ich wirklich anwesend war. Alles, was bleibt, sind Fragmente – ein Geruch, der plötzlich auftaucht und verschwindet, bevor ich ihn greifen kann. Ein Lachen, das nicht mehr zugeordnet werden kann. Vielleicht war es nie real. Vielleicht war es nur Wunsch, verkleidet als Erinnerung.

Es gibt Orte in mir, die niemand kennt. Räume, die verschlossen blieben, weil niemand klopfte. Ich habe aufgehört, auf Schritte zu warten. Die Stille hat sich ausgebreitet wie Nebel, hat jede Kontur aufgelöst, jede Richtung bedeutungslos gemacht. Ich gehe nicht mehr. Ich treibe.

Manchmal spüre ich etwas wie Hunger – nicht nach Nahrung, sondern nach Nähe, nach einem Blick, der nicht durch mich hindurchgeht. Doch selbst diese Sehnsucht ist müde geworden. Sie liegt da, reglos, wie ein Tier, das zu lange im Dunkeln saß.

Der Verlust hat keine Form. Er ist nicht laut. Er schreit nicht. Er sitzt einfach da, unbeweglich, und sieht mich an. Ich habe gelernt, nicht zurückzublicken. Es ändert nichts. Es erklärt nichts. Es lindert nichts.

Und dann ist da nur noch das: ein Zustand ohne Bewegung, ohne Ziel. Kein Schmerz, keine Hoffnung. Nur das leise Wissen, dass etwas fehlt – und dass es niemand bemerken wird.


Kein Gedanke formt sich mehr. Nur ein dumpfer Druck hinter der Stirn, als würde etwas schweigen wollen, das nie gesprochen hat. Die Welt draußen ist fern, wie durch Glas, dick, träge, unüberwindbar. Geräusche erreichen mich nicht. Zeit verliert jede Richtung.

Ich sitze, ohne zu wissen, warum. Der Körper funktioniert, aber ohne Absicht. Alles ist reduziert auf das bloße Dasein – nicht Leben, nicht Warten, nur das Verharren in einem Zustand ohne Namen. Kein Wunsch, kein Impuls. Nur das Gewicht des eigenen Seins.

Die Augen offen, aber nichts dringt ein. Farben, Formen, Bewegungen – sie passieren, ohne Bedeutung. Innen ist es leer, nicht wie ein Raum, sondern wie ein Abgrund. Kein Boden, keine Wände. Nur Tiefe.

Ich erinnere mich nicht, wann ich zuletzt etwas empfunden habe, das nicht aus Abwesenheit bestand. Wärme ist eine Idee geworden. Nähe ein Konzept. Ich bin nicht traurig. Ich bin nicht wütend. Ich bin nicht.

Nur ein leiser Druck im Brustkorb, als würde etwas fehlen, das nie da war.

Kein Klang mehr im Innern. Nur ein dumpfes Vibrieren, wie das Echo eines Gedankens, der nie gedacht wurde. Die Sprache zieht sich zurück, langsam, wie Ebbe, die nichts hinterlässt außer Schlamm und Splitter.

Bewegung wird bedeutungslos. Der Blick verliert Halt. Alles verschwimmt, nicht durch Tränen, sondern durch Gleichgültigkeit. Selbst der Schmerz hat sich verabschiedet – nicht geheilt, nur verschwunden, wie ein Gast, der gegangen ist, ohne sich zu verabschieden.

Die Haut spürt nichts. Kein Wind, kein Druck, keine Berührung. Der Körper ist da, aber ohne Bezug. Eine Hülle, die nicht mehr weiß, wofür sie gemacht wurde.

Gedanken zerfallen, bevor sie Form annehmen. Worte erscheinen, bleiben ungesagt, verflüchtigen sich. Es gibt nichts mehr zu sagen. Keine Botschaft, kein Bedürfnis, kein Ziel.

Nur Stille. Nicht als Trost, sondern als Zustand. Absolut. Undurchdringlich. Endgültig.

Kein Widerstand mehr. Kein Aufbegehren. Nur das langsame Versinken in etwas, das keinen Namen trägt. Kein Licht, kein Schatten. Keine Richtung, kein Ziel.

Die Gedanken sind verstummt. Nicht aus Klarheit, sondern aus Erschöpfung. Alles, was gesagt werden konnte, ist verklungen. Alles, was gefühlt werden sollte, ist verglüht.

Kein Bedürfnis nach Antwort. Keine Frage mehr. Nur das leere Kreisen um einen Punkt, der nicht existiert.

Die Welt ist fern, nicht feindlich, nur gleichgültig. Und ich bin es auch.

Was bleibt, ist ein Zustand jenseits von Hoffnung. Kein Schmerz, keine Angst. Nur das stille Wissen, dass nichts folgt.

Und selbst dieses Wissen beginnt zu verblassen.

„Ich bin noch da, aber nicht mehr gemeint.“
 
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