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Feedback jeder Art Klinikbegegnung

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  • Vogelflug
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Zindzi gleitet durch den Klinikflur wie ein driftender Kontinent.

Ruhig, majestätisch. Große Anziehungskraft.

In ihrem Blick Traurigkeit, Verachtung, Kampfbereitschaft.
Nie war ich unmittelbar Zeuge, habe es nur indirekt erfahren,
dass sie von Patienten, vielleicht sogar von Kolleg*innen, ich hoffe inständig,
dass es nicht so ist, beleidigend, verletzend behandelt wurde. Und dass sie gern
in gleicher Währung zurückgibt. Frech, unverblümt,
angemessen für das, was man ihr antut, unangemessen für das, was der Job von ihr verlangt.
Ein Dilemma.

Ich mag Zindzi, die herbe Schönheit aus dem südlichen Afrika,
die ein wie auch immer geartetes Schicksal hier her geführt hat.
Ich wünsche ihr Halt durch die Kolleginnen, Verständnis für ihre scharfe Zunge,
Zeit, Strategien für einen gelingenden Alltag zu finden,
Weisheit für die Kämpfe, die sie führen muss.

Ich bin verliebt in Zindzi, ohne sie zu begehren.



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Klimes Themen
Hallo Vogelflug,
Was für ein schweres brisantes und leider auch sehr aktuelles Thema!
Es ist dir gelungen, kurz und knackig aber auch gut mitfühlend ihre Leidensgeschichte zu erzählen, mein Respekt!
Ich glaube die Zauberformel für diese Problematik heißt „ gegenseitiges Verständnis “!
Die Zeit sei mit uns, dass wir es schaffen!
Ich habe es gern gelesen und wünsche noch einen schönen Sonntag.
Grüße Klime
 
Hallo Vogelflug, ein guter Text ist dir gelungen, - finde ich.
Deine genaue Beobachtung und das Einfühlen in Zindzi klingt überzeugend.

Die letzte Zeile berrührt mich besonders. Warum?
Verliebt sein, ohne zu begehren, ist fern von jedem Besitzdenken, das oft genug in Verwelken des zarten Pflänzchen Liebe mündet.

Liebe Grüße, Seeadler
 
Hallo @Klime , hallo @Seeadler ,

ich danke euch für die Antworten.
Ja, ich freue mich selbst gerade, dass mir noch mal ein mich selbst überzeugender Text über meine Klinikzeit gelungen ist. Und besonders, weil er von einer dieser vielen verschiedenartigen und sympathischen Personen erzählt, die ich als Pfleger, Schwestern, Ärztinnen und Ärzte erleben durfte, deren Arbeit ich genossen habe. Die mich aufgefangen und wieder aufgerichtet haben, als ich in einem Zustand war, der mir wenig Zukunftshoffnung gelassen hat. Dieses bunte Personal von mehreren Kontinenten zu erleben, war für mich zum Teil fast berauschend. Ich habe viel geträumt, wie lebendig eine Gesellschaft sein könnte, in der die Vielfalt der anwesenden Menschen respektiert und geschützt wird, alle sich in Arbeit und Privatleben entfalten können, und so weiter.
Ich war verunsichert, als ich mich von Zindzi verabschiedet habe. Heute denke ich, dass ich ihr meine Telefonnummer und Adresse hätte geben sollen und ein Angebot aussprechen, dass sie gern zu mir und meiner Familie auf Besuch kommen soll. Damals hatte ich Angst, dass das vielleicht übergriffig wirkt, schließlich hatten wir gar nicht miteinander gesprochen, dafür ist in so einem Klinikalltag gar keine Zeit.
So umarmten wir uns bei der letzten Begegnung nur und ich sprach ihr Mut zu, sich immer gegen rassistische Dummheit zur Wehr zu setzen. Wenigstens das traute ich mir.

Danke auch an @Wilde Rose !
 

Klimes Themen
Lieber Vogelflug,
Danke das du uns Private Einblicke von dir gewehrt hast. Es ist traurig und zugleich spannend was du schreibst!
Ich hoffe du bist Gesundheitlich auf einem guten Weg und Startest wieder durch, für was auch immer!!!!
Das Glück 🍀 sei mit dir!
Lg. Klime
 
Hallo @Klime , guten Morgen.

Mit dem Durchstarten geht es recht ruckelnd voran. Seit meiner Entlassung aus der Reha-Klinik mache ich nur langsam Fortschritte und ich muss leider davon ausgehen, dass meine Motorik nie wieder "rund läuft". Ich erinnere mich:
Nach meinem Schlaganfall im vergangenen Oktober habe ich ein paar Wochen nur liegend im Bett verbracht, mit allen unschönen Begleiterscheinungen, man hat schließlich immer Stoffwechsel, man muss gewaschen werden, ... Zuerst lernte ich dann wieder das Aufrichten im Bett, um im Sitzen essen zu können. Dann folgte die Zeit, als mich Pfleger und Schwestern früh morgens in einen Rollstuhl gesetzt haben, damit ich zu Therapien gerollt werden konnte, die nicht direkt im Krankenbett stattfinden konnten. Dann hatte ich wochenlang eine Therapeutin, die mir früh zum Aufstehen beim Waschen, Duschen, Zähneputzen und Anziehen zur Hand ging. Das wollte ich nach einer Weile unbedingt loswerden und lernte mit viel Geduld und etlichen Stürzen im Badezimmer oder vor meinem Bett, mich wieder selbst zu bemutteln. Allein zu lernen, dass der Rolli gebremst sein muss, wenn ich aus ihm aufstehen will! Mehrmals rollte das Ding beim Aufstehen los, und vor Schreck saß ich plötzlich neben dem Klo, statt darauf. Die Seelenruhe der Schwestern und Pfleger, die mich wieder aufgesammelt haben, wenn ich in dem kleinen Raum hilflos auf den Fliesen lag, rettete mich mehrmals davor, nicht vor Scham im Boden zu versinken. Ich bin ihnen hoffentlich in Demut ewig dankbar dafür.
Bald galt ich als einer der selbständigsten unter den schweren Fällen, und ich denke, diese Selbständigkeit hat dem Personal auf Station wenigstens ein bisschen Arbeit abgenommen.
Ein Tag des Glücks für mich kam dann, als ich nicht mehr auf Station essen musste, sondern zu den Mahlzeiten in den großen Speisesaal fahren durfte. Selbständig. Im Rolli. Endlich am Buffet frei auswählen dürfen, worauf ich Appetit habe. Die Saalmitarbeiterinnen schwebten engelsgleich auf mich zu, wenn ich mich näherte, um mir Brötchen aufzuschneiden, um mir all meine Wünsche zusammenzutragen und zum Tisch zu bringen - es war an manchen Tagen himmlisch.
Die Mobilisierung lief erst gut an, kurz vor Weihnachten'24 machte ich erste freie Schritte ohne Hilfsmittel. Dann kam eine lange Zeit ohne Physiotherapie. Weihnachtsurlaub, Jahreswechsel, Resturlaubstage, Grippewelle ... ständig fehlten Therapeut*innen, der Betrieb kam fast zum Stillstand. Und ich leider auch. Als mein Gehtraining wieder lief, stellte sich bald heraus, dass ich das Erlernte wieder verloren hatte und sich Blockaden gebildet hatten, deren Überwindung mir nicht gelingen wollte. Also wurde ich im Frühjahr entlassen, ohne mein Therapieziel erreicht zu haben. Ich wollte aufrecht gehend die Klinik verlassen, aber saß letztlich doch im Rolli. Wie es zuhause gehen sollte, bei all unseren Stufen und schmalen Türen und unebenen Fußböden - wir wohnen Mitte 19. Jahrhundert - das war ein Rätsel. Nur ich grinste still in mich hinein, weil ich sehr davon überzeugt war, dass ich zuhause schnell lernen werde, wenigstens am Stock sicher durchs Haus zu kommen. Und so kam es. Ich humpele relativ sicher durch die Räume oder auch mal in den Garten, ich kann mir selbst Kaffee zubereiten, brauche nur gewisse Hilfen bei der Vorbereitung der Mahlzeiten - es läuft. Ich könnte nicht allein wohnen, das weiß ich. Aber meine Familie trägt und erträgt mich heldenhaft. Und gegen die depressive Grundstimmung nehme ich einen sanften Stimmungsaufheller.
Als nächstes größeres Ziel träume ich von einem E-Trike, um mehr Bewegung zu haben und Strecken selbst zurücklegen zu können, die mir das Mitleben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Und ich will mein Antiquariat wieder betreiben. Ganz ohne eigenes Geld zu leben, ist auf Dauer sehr seltsam.
Klime, über so etwas Privates zu schreiben, fällt mir nicht besonders schwer. Machen wir das hier nicht fast alle?
Das LI ist in hohem Maße identisch mit den Autor*innenpersönlichkeiten, kaum jemand schreibt fiktional oder abstrakt. Es ist viel selbsttherapeutisches Schreiben oder tagebuchartig, wie ich es zunehmend probiere. Und das ist ja auch in Ordnung.
 
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  • Vogelflug
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