Eine Vorstellung, die ich als Kind schon hegte, war eine Leiter zum Mond.
Wann immer er über mir stand, kam in mir Liebe, kam ein starkes Verlangen auf. Und manchmal war die Sehnsucht nach diesem eigenartigen Freund so groß, dass ich nachts auf einen Baum kletterte, um von dort aus den letzten Meter zu springen. Aber immer fehlte dort oben noch ein zu großes Stück.
So fragte ich meinen Vater nach einer langen Leiter. Als dieser wissen wollte, was ich vorhatte und ich ihm den Plan bekannt machte, riet er mir ab. Entgegen meiner Gewissheit, dass der Mond nicht weit weg sein konnte, sprach er von vielen Kilometern. Viel weiter als der Spielplatz, weiter als der Stadtwald, in dem sich schon Menschen verlaufen hatten.
Ich aber stellte mir die Leiter vor, und obwohl sie in meinen Gedanken immer länger wurde, hielt sie mein Vater am Boden fest und ich, schon weit oben, rief ihm hinunter, dass ich den Mond jetzt mit der Hand berührte…
Wenn ich nun nach Jahrzehnten das Problem wieder aufgreife, sehe ich zwar ein, dass mein Vater in gewisser Weise Recht hatte. Und doch bin ich dabei, jetzt an der Lösung zu arbeiten. Ich habe ein Studium der Naturwissenschaften gemacht und weiß Bescheid: Dreihunderttausend Kilometer sind es. Wenn ich heute losginge und stiege jede Stunde einen Kilometer hinauf, so hätte ich fast neuntausend Kilometer in einem Jahr geschafft und wäre in vierunddreißig Jahren am Ziel. Natürlich ohne zu schlafen.
Noch bin ich ja gut trainiert. Aber wer weiß, ob mich die Anstrengung im Alter nicht langsamer werden lässt.
Ich habe mit meinem Sohn gesprochen. Wir haben die Risiken wieder und wieder erörtert. Er wies mich darauf hin, dass ich eine Fangleine brauche, falls ich mal neben die Sprossen trete. Am Boden zerschmettern, im Weltall treiben, das mache alles zunichte. Und ein Problem bleibt die Leiter. Wer richtet sie auf? Wer macht sie am Mond fest? Und dass der Mond sich bewegt und die Erde sich dreht, macht alles noch schwieriger. Aber wir arbeiten jetzt zu zweit daran, wir schlafen nur noch wenig, und falls ich es rechnerisch nicht mehr schaffe, wird er, so hat er versprochen, es für mich tun.
Zwei Liter Wasser und ein Stückchen Brot jeden Tag wird er brauchen. Wie viel Gewicht muss er schleppen, bis er nach Monaten endlich schwerelos ist? Und wird er es schaffen, zur Erde zurückzukehren?
Ich habe ein schlechtes Gewissen als Vater.
Wann immer er über mir stand, kam in mir Liebe, kam ein starkes Verlangen auf. Und manchmal war die Sehnsucht nach diesem eigenartigen Freund so groß, dass ich nachts auf einen Baum kletterte, um von dort aus den letzten Meter zu springen. Aber immer fehlte dort oben noch ein zu großes Stück.
So fragte ich meinen Vater nach einer langen Leiter. Als dieser wissen wollte, was ich vorhatte und ich ihm den Plan bekannt machte, riet er mir ab. Entgegen meiner Gewissheit, dass der Mond nicht weit weg sein konnte, sprach er von vielen Kilometern. Viel weiter als der Spielplatz, weiter als der Stadtwald, in dem sich schon Menschen verlaufen hatten.
Ich aber stellte mir die Leiter vor, und obwohl sie in meinen Gedanken immer länger wurde, hielt sie mein Vater am Boden fest und ich, schon weit oben, rief ihm hinunter, dass ich den Mond jetzt mit der Hand berührte…
Wenn ich nun nach Jahrzehnten das Problem wieder aufgreife, sehe ich zwar ein, dass mein Vater in gewisser Weise Recht hatte. Und doch bin ich dabei, jetzt an der Lösung zu arbeiten. Ich habe ein Studium der Naturwissenschaften gemacht und weiß Bescheid: Dreihunderttausend Kilometer sind es. Wenn ich heute losginge und stiege jede Stunde einen Kilometer hinauf, so hätte ich fast neuntausend Kilometer in einem Jahr geschafft und wäre in vierunddreißig Jahren am Ziel. Natürlich ohne zu schlafen.
Noch bin ich ja gut trainiert. Aber wer weiß, ob mich die Anstrengung im Alter nicht langsamer werden lässt.
Ich habe mit meinem Sohn gesprochen. Wir haben die Risiken wieder und wieder erörtert. Er wies mich darauf hin, dass ich eine Fangleine brauche, falls ich mal neben die Sprossen trete. Am Boden zerschmettern, im Weltall treiben, das mache alles zunichte. Und ein Problem bleibt die Leiter. Wer richtet sie auf? Wer macht sie am Mond fest? Und dass der Mond sich bewegt und die Erde sich dreht, macht alles noch schwieriger. Aber wir arbeiten jetzt zu zweit daran, wir schlafen nur noch wenig, und falls ich es rechnerisch nicht mehr schaffe, wird er, so hat er versprochen, es für mich tun.
Zwei Liter Wasser und ein Stückchen Brot jeden Tag wird er brauchen. Wie viel Gewicht muss er schleppen, bis er nach Monaten endlich schwerelos ist? Und wird er es schaffen, zur Erde zurückzukehren?
Ich habe ein schlechtes Gewissen als Vater.