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Feedback jeder Art Minkas Ende

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Die Tage von Elias waren eine Reihe von Strichen auf einem Kalender, ohne Bedeutung, als zählten sie die Schritte zu einem Ende, das er noch nicht sehen konnte.
Drei Monate war es her, dass er aus seinem eigenen Leben vertrieben wurde. Es war nicht der Tod, der ihn von seiner Frau getrennt hatte, sondern eine Krankheit, die sein Zuhause in ein Schlachtfeld der Gefühle verwandelt hatte: ihre unaufhaltsame Paranoia und übertriebe Eifersucht.
Jedes seiner harmlosen Gespräche, jedes Lächeln an eine Fremde, jeder Blick, den er nicht auf sie gerichtet hatte, wurde zu einem Beweis für einen Verrat, den es nie gegeben hatte.
Er hatte die Schreie und die endlosen, haltlosen Anschuldigungen schließlich nicht mehr ertragen.
In einer Nacht, die in seinem Gedächtnis wie ein kalter, klarer Albtraum verankert war, packte sie seine Sachen in Kisten und warf ihn symbolisch aus dem Haus.
Er floh, nicht in eine neue Zukunft, sondern in die Abwesenheit von allem, was er kannte.
Das Einzige, was er noch besaß, waren Minka, seine alte Katze, und eine Alexa, die nun in seiner kleinen, sterilen Wohnung stand wie ein Grabstein für das, was einmal war.

Die kleine Wohnung war kein Zuhause, sondern eine Abwesenheit davon. Sie war ein Echo. Ein Hohlraum, in dem das einzige Leben Minka war, eine Katze, die so alt war wie er und ebenso müde von der Welt schien. Minka war sein letzter Anker. Er sprach mit ihr, obwohl sie ihm nicht antworten konnte, streichelte ihr dünner werdendes Fell und spürte die Knochen unter seinen Fingern.
Manchmal fragte er Alexa, was seine Frau wohl gerade tun würde, aber die künstliche Intelligenz antwortete nur mit einem generischen Satz über Privatsphäre, und Elias fühlte sich noch einsamer.
Die Alexa war der Beweis dafür, dass die Welt sich ohne ihn weiterdrehte, ohne ihn zu bemerken.

Die Tage, die ohne Freude verstrichen, wurden von einem neuen Schatten heimgesucht. Minka, sein letzter Gefährte, begann zu welken. Sie fraß nicht mehr, trank kaum, und ihre Augen, die einst so warm gewesen waren, waren nun von einem glasigen Nebel überzogen.
Elias saß in der stillen Wohnung und spürte, wie eine panische Angst wie ein kalter Fluss durch ihn hindurchfloss.
Er hatte niemanden. Die wenigen Freunde, die er einst hatte, waren mit seiner Frau verschwunden.
Er versuchte im Internet nach Antworten zu suchen, fragte Alexa verzweifelt nach Symptomen, doch die kalte Stimme gab ihm nur nutzlose Ratschläge.
Die Einsamkeit, die ihn so lange nur umgeben hatte, begann, ihn zu ersticken.

Der letzte Funke Wärme in Elias' Wohnung erlosch, als Minka ihre Augen für immer schloss. Es war eine stille Nacht, die ohne ein Geräusch verging.
Am nächsten Morgen war das Kissen neben Elias' Kopf leer. Das Bett war kalt. Die Abwesenheit von Minka war lauter als jede Anklage, lauter als jeder Streit, den er jemals mit seiner Frau geführt hatte. Er hob ihren winzigen, leblosen Körper auf, wickelte ihn in ein altes Tuch und vergrub sie in einem nahegelegenen Park unter einem Baum.
Er stand eine Stunde lang da, starrte auf die Erde und fühlte, wie der Wind seine letzten Tränen trocknete. Danach kehrte er in seine Wohnung zurück, die nun nicht nur eine leere Hülle war, sondern ein echtes Grab.

Er ließ die Fenster den ganzen Tag geschlossen. Der Staub sammelte sich auf den Möbeln, die in den vergangenen Monaten seine einzigen Gefährten gewesen waren. Alexa stand still auf dem Kaminsims, ihr Ringlicht war dunkel. Ihre Existenz hatte keine Bedeutung mehr. In seiner Verzweiflung versuchte er, die Stille zu durchbrechen.
"Alexa, spiel die Stimme von Minka", sagte er mit zitternder Stimme, in der Hoffnung, dass die künstliche Intelligenz irgendwie das leise Miauen und Schnurren der Katze gespeichert hatte. "Diesen Befehl kann ich nicht ausführen", antwortete die monotone, gefühllose Stimme.
Er saß da, sprachlos, und begriff, dass er nicht nur alles verloren hatte, sondern dass es nie die Möglichkeit geben würde, es wiederzufinden. Die Alexa war nutzlos, seine Frau war eine schmerzhafte Erinnerung und Minka war tot. Seine Welt war auf nichts als ein paar schäbige Möbel und die vier Wände eines Zimmers reduziert. Er hörte nicht mehr auf seine innere Stimme, denn sie hatte nichts mehr zu sagen. Er saß einfach in der Stille und wartete. Der Geruch von Minka, der in der Wohnung gehangen hatte, verschwand mit jedem Tag.
Elias war allein in einem Raum, der nur noch sein eigenes Echo kannte. Er hatte sich daran gewöhnt, sich nur noch an seinen toten Gefährten zu wenden. Er stellte ihr Wasser in den Napf, strich über das leere Kissen neben ihm und sagte: „Heute gibt es Fisch, Minka. Dein Lieblingsgericht.“ Dann hörte er auf, sich zu bewegen. Der Mann war allein, ohne Hoffnung und ohne Zukunft.

Er dachte an seine Frau, er liebte sie immernoch.
 
liebes schattenkind,

ein tief emotionaler text, bei dem einsamkeit greifbar, nachfühlbar wird. das besondere daran: du schreibst nicht effekthaschend, nicht in besonderer weise mitleidsheischend, sondern eher wie ein außenstehender erzähler, der einfach nur auf die szenen blickt und sie bis ins kleinste traurige detail wiedergibt. vielleicht ist es das, was den text so anrührend macht.
nur den allerletzten satz würde ich streichen. er kommt mir irgendwie nicht glaubwürdig vor.

liebe grüße
sofakatze
 
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