* zugleich ein spielerisches Nachsinnen über das Gedicht
"Archaïscher Torso Apollos"
von Rainer Maria Rilke
Wir suchten lange Zeit, das Haupt zu finden,
das einst dem Torso seine Kraft verliehen haben muss
Und das vermochte, diese eine Kraft zu binden
Das Meer zu diesem aufgestauten Fluss:
Was für ein Leuchten, welch Erblinden.
Wenn Sol mit ihrem Mittagskuss
ihm seine hohe Stirne begoss,
musste das Aug geflutet
haben
Und welches armselige Schaben
im dunklen Abendüberschuss
Als warte irgendwo auf diesem Haupt ein Kuss,
in dem der Gott versteckte seine
ganzen, lichten Gaben
Derweil wir in die Asche graben
die Lippen voller Sterbenamen
Und suchten noch nach ihm
als sei er in der Nacht
vergraben
Wir wünschen uns ihn einmal auf den Torso
aufgepflanzt zu sehen,
Besitz ergreifend von den starken Gliedern
Vom Bug der Brust, dem strammen Stehen,
verhüllt die Scham von nichts als Liedern,
dem leisen Drehen der Zeugelenden
und von den unerhörten Händen
in die der Blick so aufgelöst verschmilzt,
als wolle seine Lust am Licht ihm niemals
enden
Da wüchse uns ,so hofften wir,
(die, die wir dunkel sind und schwer)
aus einem solchen Lichtermeer
der gleiche Glanz auf unsren Aschewangen
Erfüllte uns, die wir so ausgetrunken sind und leer,
das gleiche, sehnende Verlangen,
das in dem Blick des Hauptes steigt und steigt
Und alles Darben ruht und schweigt
Gestillt die Sorge und das
Bangen
Schaut, wie sein Haupt sich eine ganze Welt ersteigt,
auf die es Lichter regnet, noch aus Sternen !
Wir wissen jetzt,
selbst wenn sie ihm auch noch den Lautenarm
entfernen,
flimmert er doch ganz
Glanz, wie Raubtierfelle
Verliert sich nichts,
gibt es nicht eine kleine Stelle,
die dich nicht sieht und dich umfängt;
zieht von der edlen Form,
(und sei sie bloß noch Sterbenamen)
an deinen dunklen Rändern ihre Bahnen :
Ich bin !
Du musst dein Leben
nie mehr
ändern
"Archaïscher Torso Apollos"
von Rainer Maria Rilke
Wir suchten lange Zeit, das Haupt zu finden,
das einst dem Torso seine Kraft verliehen haben muss
Und das vermochte, diese eine Kraft zu binden
Das Meer zu diesem aufgestauten Fluss:
Was für ein Leuchten, welch Erblinden.
Wenn Sol mit ihrem Mittagskuss
ihm seine hohe Stirne begoss,
musste das Aug geflutet
haben
Und welches armselige Schaben
im dunklen Abendüberschuss
Als warte irgendwo auf diesem Haupt ein Kuss,
in dem der Gott versteckte seine
ganzen, lichten Gaben
Derweil wir in die Asche graben
die Lippen voller Sterbenamen
Und suchten noch nach ihm
als sei er in der Nacht
vergraben
Wir wünschen uns ihn einmal auf den Torso
aufgepflanzt zu sehen,
Besitz ergreifend von den starken Gliedern
Vom Bug der Brust, dem strammen Stehen,
verhüllt die Scham von nichts als Liedern,
dem leisen Drehen der Zeugelenden
und von den unerhörten Händen
in die der Blick so aufgelöst verschmilzt,
als wolle seine Lust am Licht ihm niemals
enden
Da wüchse uns ,so hofften wir,
(die, die wir dunkel sind und schwer)
aus einem solchen Lichtermeer
der gleiche Glanz auf unsren Aschewangen
Erfüllte uns, die wir so ausgetrunken sind und leer,
das gleiche, sehnende Verlangen,
das in dem Blick des Hauptes steigt und steigt
Und alles Darben ruht und schweigt
Gestillt die Sorge und das
Bangen
Schaut, wie sein Haupt sich eine ganze Welt ersteigt,
auf die es Lichter regnet, noch aus Sternen !
Wir wissen jetzt,
selbst wenn sie ihm auch noch den Lautenarm
entfernen,
flimmert er doch ganz
Glanz, wie Raubtierfelle
Verliert sich nichts,
gibt es nicht eine kleine Stelle,
die dich nicht sieht und dich umfängt;
zieht von der edlen Form,
(und sei sie bloß noch Sterbenamen)
an deinen dunklen Rändern ihre Bahnen :
Ich bin !
Du musst dein Leben
nie mehr
ändern