Feedback jeder Art Schöneberg - Ring 42

[Missgunbar]

Außen

Strahlend schöne Altbauten
In den Vorgärten prächtig
blühende Rosensträucher und
altgewachsene Magnolien
Fahrräder an den geschmiedeten Zäunen festgebunden
- mit Kindersitz und Helm
Doppelflügelige Altbaufenster
- Charme aus vergangener Zeit
Goldene Schilder mit Inschriften
für Praxen, Psychotherapie, Anwaltskanzlei, Yogaschule
Der Gehweg mit riesigen Steinplatten ausgelegt


Innen

der Duft des Treppenhauses,
Kokosläufer die alten Holztreppen hinauf Knarzender Parkettboden
Designermöbel - secondhand
Bücher und Musik an den Wänden
Gasherd in der Küche,
Dienstboteneingang in derselbigen - selbst im Gartenhaus
Einer übt Klavier
Kinderlachen im Hof
Der Wohlstand trägt ein hübsches, ja, sympathisches Kleid


Später

In der Bahn,
der Blick auf das Leben
am Rand der Gleise
Besetzte Häuser ohne Fenster Holzschuppen aus Paletten provisorisch auf Garagendächer gebaut
Notunterkünfte
Sperrmüllberge und daneben verlumpte Gestalten
Manche von ihnen steigen in die Bahn ein
Und zeigen ihre Armut den anderen
Lassen sie die Armut und die Krankheit riechen - und fürwahr, es riecht!

Das schlechte Gewissen wirkt

Und doch sieht man Verachtung in den Blicken beider Seiten für die anderen
- oder ist das Resignation.

 

[Arwen]

Hallo!
Ein kraftvoller, kontrastreicher Text, der die soziale Kluft zwischen Wohlstand und Armut präzise beobachtet und bildhaft darstellt. LG Regina

 

[Missgunbar]

Guten Morgen Regina,
danke für diese Rückmeldung.
Wenn ich in der SBahn den Blick gehoben habe (fast alle Reisenden starren durchgehend auf ihre Handys, selbst Kinder), konnte ich diese Kluft sehr deutlich sehen. Sie schrie mir nahezu ihre Größe ins Gesicht. Beinahe kann ich verstehen, dass der Mensch sich lieber in sein Handy flüchtet… aber eben nur beinahe.
LG Missgunbar

 

[Stavanger]

Hallo Missgunbar,

Du hast sehr viel Blick fürs Detail und bist immer glaubwürdig und überzeugend, mit sozialem Gewissen.

Mein eigener Blick, vor allem in den Zeiten als Straßenmusiker, war anders, merke ich. Ich war selbst auch dauernd auf der Straße - aber Teil von beiden Seiten. Ich habe mit den "Untersten" zusammen getrunken (oft als der Einzige in der Runde ohne Knasterfahrung) - und war im nächsten Moment bei einem Bürgermeisterempfang und habe dort hübsche Lieder gesungen.

Aber du hast natürlich Recht mit den Extremen, und normalerweise bleiben die entgegengesetzten Parteien unter sich, bzw. sind sofort erkennbar.

Dir einen guten Tag!
Uwe

 

[Rudolf Fritz-Roessle]

Liebe Missgunbar
Mittlerweile ist es so, dass sich die unterschiedlichen Realitäten gar nicht mehr begegnen.
Wer sich beruflich nicht um andere Realitäten kümmern muss, hält sich dort auch nicht auf.
Da finde ich es manchmal schon lustig, wie bei uns der Sankt Martinsumzug stattfindet. Hübsch gekleidet und SUV Aufreihung. Irgendwie ein bizarres Bild.

 

[Missgunbar]

Lieber Rudolf,
vielleicht denkt die wohlhabende Gesellschaft gar nicht mehr so richtig über den Sinn des St. Martins-Umzug nach.
Mir begegnen andere Realitäten täglich, das liegt an meinem Arbeitsfeld. Und letztlich - schauen wir in die Politik, da machen Millionäre und Milliardäre Politik für die Bürger, die nie in ihrem Leben auch nur annähernd an deren Vermögen gelangen, und wo gekürzt wird, ist auch sehr deutlich erkennbar. Ein reicher Mensch leidet unter der heutigen Politik nicht. Die anderen ganz sicher.
Eigentlich ist es pervers. Aber ich möchte mich nicht aufregen.

Lieber bedanke ich mich noch für die Likes von @Monolith @Vogelflug @Darkjuls @Chilicat @Donna @Vetula @Klime @Ponorist