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Feedback jeder Art und du, der du sitzt

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  • evermore
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die ostsee liegt, ein auge aus eisen,
drin iris die inseln versinken mit sang,
ihr lid: eine wolke aus windgewobenem fluch,
der flut schlägt im schädel den schächer zum klang.

möwen, die wie erinnerung kreisen,
weißbrand der seelen, zerschnattert im licht,
ihr schrei schneidet schichten ins dämmergestein,
als grabe der himmel den himmel in sich.

wellen wie wunden, genäht aus jahrtausenden,
sie tragen die knochen des nachts in den knien,
sie rufen mit rücken aus salz und aus zeit
nach dingen, die tiefer als tiefe verziehn.

und du, der du sitzt in der salzigen schwebe,
vom sehn in den sand wie ein schatten gespannt,
du weißt: dies meer ist ein mehr an verschwinden,
ein ort, der sich selbst aus der welt übermannt.
 
Hallo evermore, ich denke, Du bringst mit diesen Zeilen weit mehr zum Ausdruck, als eine reine Beschreibung des Blickes auf das Wasser. Du zeigst auf, was Dir (hier) die Ostsee bedeutet und welche Empfindungen beim Schauen aufs Meer entstehen und an die Oberfläche steigen. Die kreisenden Möwen werden zu Erinnerungen, schwebend überm Seelenmeer. Und du, der du sitzt, spürst das Meer in dir tosen.

Der letzte Satz ist mir unklar. "der sich selbst aus der Welt übermannt"

Liebe Grüße Juls
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin Darkjuls,

dein Gedicht bewegt sich auf einer dichten metaphorischen Ebene –
fast wie ein musikalisches Gewebe aus Wasser, Zeit und Erinnerung.
Besonders der letzte Satz hat mich lange beschäftigt:


„dies meer ist ein mehr an verschwinden,
ein ort, der sich selbst aus der welt übermannt.“
Das Spiel mit „Meer“ und „mehr“ funktioniert hier nicht nur klanglich,
sondern schafft ein Paradox: Das Meer wird nicht zum Ort der Fülle,
sondern des Verschwindens – als wäre es ein Ort, der über das Erträgliche
hinaus ins Unfassbare kippt.

Auch die Formulierung „sich selbst aus der Welt übermannt“ bleibt vieldeutig:
Ist es ein Ort, der sich entzieht? Der sich selbst zu groß oder zu tief wird?
Oder der die Welt nicht mehr erträgt?

Was auch immer die genaue Lesart – der Eindruck bleibt:
Hier wird nicht nur Natur beschrieben, sondern ein seelischer Raum.
Danke dir für diese dichte, fast meditative Komposition.


LG.
Driekes
 
Liebe Juls,

wie schön, deine Worte zu lesen, wie Möwen, die nicht kreischen, sondern kurz auf der Schulter landen.

Was die letzte Zeile betrifft: „ein Ort, der sich selbst aus der Welt übermannt“, das ist vielleicht mein sprachliches Seilziehen mit dem Nichts. Ich meinte damit einen Ort (das Meer, oder das, was ich darin sehe), der so sehr mehr ist als Welt, dass er sich selbst daraus „herausdrängt“, oder eben „übermannt“, aber nicht im Sinne von „überwältigt werden“, sondern eher wie ein Schatten, der sich selbst verdunkelt, bis er verschwindet.

Herzliche Grüße,
evermore
 
  • evermore
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