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Vollmond

  • Schmuddelkind
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Oh Zeit, du hast wohl kein Gewissen,
hast wieder etwas abgebissen,
ein Stück des Mondes, Bravo! Toll!
Gestern erst war er noch voll!
 
Jetzt hängt er da, an jener Grenze
und trauert nach der seinen Gänze,
er klagt und heult, mit gutem Grund,
es lebt sich besser - läuft es rund.
 
Dann rede ich ihm ins Gewissen,
er werde jetzt nur warten müssen
dreissig Tage, unbeirrt,
weil er dann wieder voll sein wird.
 
Ja, ich mag ihn fast beneiden;
Nur Zeit allein - Um zu entscheiden;
Dem Menschen unterdes gibt's kein
Versprechen für's vollkommen sein.
 
Lieber Zwischenzeit,
 
der lockere Ton, der sich durch das einfache Reimschema, die spöttische Anrede der Zeit und die Ironie in S1V3 ergibt, steht in den ersten zwei Strophen in faszinierendem Kontrast zur fast melancholischen Schwere angesichts der Vergänglichkeit, die dem LI beim Anblick des abnehmenden Mondes bewusst wird.
 
Durch den Zuspruch in der zweiten Hälfte des Gedichts könnte man zunächst meinen, im Inneren des LIs vollziehe sich eine Wende. Während ich die dritte Strophe las, dachte ich nämlich: "Ja, liebes LI! Nur Mut! Alles wird wieder gut." Doch dann hast du in der vierten Strophe den Vergleich zwischen Mensch und Mond gebrochen, setzt die Wiederkehr der Mondesfülle in Gegensatz zum Menschsein, dessen Jugend beispielsweise nie mehr wieder kehrt. Und immerzu werde wir an unsere Unzulänglichkeit erinnert. Mondschwer liegt dieser Gedanke dann in meinem Magen.
 
Gerade dieser Bruch mit dem mühsam aufgebauten Vergleich ermöglicht hier ein derart intensives Leseerlebnis, für das ich mich bedanke.
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LG
 
  • Schmuddelkind
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