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Feedback jeder Art Vom Schwinden und Bleiben (Teil V und Epilog)

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Teil V – Im Glanz der Ewigkeit

Aeternitas

Ein Strahl des Lichts durchbricht den Strom der Zeiten.



Wenn alles sinkt, erhebt sich doch ein andres Sein,
ein Leuchten jenseits Zeit und Wandlung, hell und klar;
kein Tod, kein Rad der Zeit verschließt dies lichte Heil,
ein Glanz, der bleibt, wo nichts mehr ist, und ewig war.

Die Jahre schwinden, doch das Eine bleibt bestehn,
das Wort, das Liebe spricht, das Herz in Treue trägt;
kein Strom vermag dies Licht im Dunkel zu verwehn,
kein Tod zerreißt, was sich ins Ewige bewegt.

So lern’, o Herz, dass über Staub und Asche geht
ein Strahl, der dich erfasst und unvergänglich lebt;
kein Schatten trübt, was über alle Enden steht,
kein Ende nimmt, was sich in Ewigkeit erhebt.

Denn wo die Zeit vergeht, die Jahre sich verzehn,
wird Glanz der Ewigkeit im stillen Sein bestehn.



Siehe Anmerkungen


Epilog

Barocken Alexandrinern in Shakespeare-Aufteilung –
ein Spiel zwischen Petrarca und Shakespeare.

Damals liebte man die Wiederkehr solcher Formeln:
„Memento mori“ – gedenke des Todes,
„Vanitas vanitatum“ – alles ist eitel.

„Vom Schwinden und Bleiben“ knüpft bewusst an
diese barocken Muster an: Vergänglichkeit und Fortuna,
Tod und Liebe, Ewigkeit und Trost erscheinen hier in
streng gefügter Form, aber mit dem leisen Augenzwinkern
einer „Old School Lyrik“.



Erklärungen und Ideengeber zu den einzelnen Teilen
Wer tiefer einsteigen möchte, findet hier kurze Hinweise zu den einzelnen Sonetten –
von Ovid bis Orff, von barocker Vanitas bis zur Hoffnung auf Ewigkeit.
Auch ein musikalischer Nachhall ist dabei.


Teil I – Vom Schwund der Dinge (Ovid)
„Der Bezug zu Ovid ist bewusst gewählt: Tempus edax rerum („Die Zeit frisst alles“)
steht in den Metamorphosen XV (234), ein klassisches Vanitas-Motto.
Ich habe das barock weitergedacht – Vergänglichkeit als Grundton, Liebe als Gegenpol.“

Teil II – Das Rad der Zeiten (Carmina Burana / Orff)
Die Carmina Burana stammen aus einer mittelalterlichen Handschrift
(Benediktbeuern, um 1230), darin das berühmte Fortuna-Lied „O Fortuna“.
Carl Orff hat es 1937 in Frankfurt vertont. Mein Sonett knüpft an dieses uralte
Fortuna-Bild an – mit Orffs Nachhall im Ohr.

Teil III – Die Stunde des Todes (Memento mori)
Die Wendung Memento mori („Gedenke des Todes“) gehört zur barocken Vanitas-Tradition.
Symbole wie Glockenschlag, Sanduhr und Totenschädel erinnern an die Endlichkeit allen Lebens.
Ich greife diese Bildsprache auf – als Hommage an das barocke Lehrgedicht.

Teil IV – Amor contra Mortem (Amor et Mors)
Im Barock war die Antithese Amor et Mors – Liebe und Tod – ein gängiges Motiv.
Der Paarreim im Sextett ist bewusst gewählt: er bricht die Strenge, hymnisch, aufbrechend –
passend zum Thema Amor contra Mortem. Danach kehrt die klassische Form zurück.

Teil V – Im Glanz der Ewigkeit (Aeternitas)
Das barocke Gegenbild zur Vanitas war Aeternitas – Ewigkeit,
oft als göttliches Licht dargestellt. Der Zyklus mündet bewusst in dieser Hoffnung:
über Vergänglichkeit, Fortuna, Tod und Liebe hinaus bleibt ein Glanz, der alles Irdische überstrahlt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Driekes,

einige Verse kann man, denke ich, als Alexandriner durchgehen lassen, wiewohl sie eher zufällig eingestreut wirken; kurz: Der Wille, diesem Vers Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ist kaum zu spüren, und es wäre besser, diese (Deine) Verse als sechshebige Jamben zu lesen.

Ansonsten ist Sein/Heil kein Reim, und Assonanzen sind in der Romanze besser aufgehoben. Überdies problematisch der Reim trägt/bewegt. Aber dazu wurde ja nicht nur im Schulzimmer schon genug gesagt.

Im Couplet schließlich die Jahre, die sich verzehn (?) Wenigstens mir müsste da was weniges auf die Sprünge geholfen werden.

Gruß

E.
 
Moin Endeavour,

danke dir für deine kritische Lektüre.
Für mich lebt der Alexandriner weniger von strenger Zählerei als von seinem
Schwung zwischen Strenge und Fülle. Ich habe versucht, dieses Klangbild einzufangen –
nicht jede Zeile als mathematisch perfekten Vers, sondern als atmende Bewegung.
Dass man die Verse auch als sechshebige Jamben lesen kann, stimmt;
genau dieser Doppelcharakter hat mich gereizt.

zu den Reimen: Sein/Heil ist tatsächlich eher eine Assonanz als ein strenger Vollreim.
Das habe ich bewusst so stehen lassen, weil mir der Klang wichtiger war als die
„saubere“ Regel. Schon im Barock finden sich solche Halbreime – nicht die Norm,
aber auch kein Tabubruch.

Zum Couplet: die Jahre selbst „verzehn“ sich –
sie stapeln, beschleunigen, türmen sich wie Wellen.
Das Wort ist meine Verkürzung von verzehnfachen, dichterisch zugespitzt.
Im Barock fand man eher „zehnfältig“ oder „verzehnfältigt“ –
ich habe es auf den nackten Kern reduziert,
so wie auch die Zeit alles reduziert.

Mich würde interessieren: hast du neben der Form auch einen Zugang
zur Geschichte bzw. zur Aussage gefunden – und hast du die bisherigen
Teile des Zyklus gelesen, um die Linie zu erkennen?

LG. Driekes
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Driekes:

Dank für Deine Erklärungen. Würde mich indes etwas neben der Form interessieren, würde ich keine Gedichte lesen. Allerdings zeigen Deine Ausführungen einmal mehr die Notwendigkeit, der Auswahl mehr Beachtung zu schenken.

Gruß

E.
 
Liebe Darkjuls,

hab vielen Dank für deine Rückmeldung.
Die Zeile „kein Ende nimmt, was sich in Ewigkeit erhebt“
ist für mich der Versuch, ein Gegengewicht zur Vergänglichkeit zu setzen –
ein Bild für das, was über den Wandel hinaus trägt: Liebe, Erinnerung,
vielleicht auch ein Hauch von Trost.

Es freut mich, dass gerade das bei dir Resonanz gefunden hat.

Herzliche Grüße
Driekes



Hallo Endeavour,

danke dir für deine Anmerkung.
Die Auswahl der Worte ist wohl immer das Schwierigste –
umso mehr würde mich interessieren, welche Formulierung
du hier als stimmig empfunden hättest. Das würde mir sehr helfen.

Herzliche Grüße
Driekes
 
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