Welten
(2017)
Heut ist Muttertag.
Der Tag ist leicht verregnet, aber mild.
Ich fahre Richtung Plauen, Richtung Pflegeheim.
Kurz vor der Autobahneinfahrt Plauen Süd steht der Fitschie Blumen Transporter
Dort ergattere ich zwei herrliche Blumensträuße und fahre weiter.
Ich versuche dieser Welt zu entfliehen und lege meine CD ins Autoradio.
Nightwish – Nemo schafft es spielend dem „Hier“ zu entreißen, nur die Augen auf den Straßenverkehr gerichtet und ein Nervenfaden bleibt im Jetzt. Meine Gedanken schweifen in die Vergangenheit und versuchen die Zukunft zu entschlüsseln. Nirvana - Smells Like Teen Spirit, bringt mich ans Ziel.
Dritter Stock. Sie sitzt im Rollstuhl an ihren zugewiesenen Platz. Mehrere Augenpaare fixieren mich und verfolgen leise wispernd meinen Gang zur Mutter. Wie immer ist sie in ihrer Welt versunken, stierend und ausgestattet mit einer kompletten Abschaltung der Reizüberflutung. Ich schiebe sie aus dem Aufenthaltsraum Richtung ihres Schlafraumes. Ziehe ihr den Anorak an, die Wolldecke über den Bauchbereich und ab Richtung Fahrstuhl Richtung Gottes Mai. Der Gartenbereich empfängt uns mit warmen, leichten Regen. Eine Kapuze hilft ihr und mir doch, diesen Maitag zu begegnen. Jeder auf seiner Art.
Ihre Augen kämpfen gegen die Müdigkeit und nur mit Mühe und äußerlichen Anstoß nimmt sie etwas auf. Ich bleibe vor einem blau blühenden Fliederstrauch stehen. „Sieht der nicht schön aus?“, frage ich.
Leise nuschelnd kommt es: „Aber ich habe doch alles“. Unser Weg führt vorbei an schönen Vorgärten der Einfamilien Häuser und weiter Richtung Gartenanlage. Ich tanke Frühling, schiebe Mutter und bekämpfe die Gedanken, die mich fragen: „Deine Zukunft?“
Die Runde ist beendet, ihr Strauß Blumen steht bunt in ihren Schlafraum. Doch sie sieht ihn schon lange nicht mehr. Ich schiebe sie zu den wispernden Stimmen im Aufenthaltsraum, wo der Fernseher ein Märchen ausstrahlt. Stelle sie in den Empfangswinkel des Fernsehers und hoffe irgendetwas schafft es, ihre Welten zu durchdringen. Mein Besuch ist beendet.
Alanis Morissette - Thank U treibt mich wieder einer anderen Welt entgegen. Es geht ganz einfach und ein Auto fährt mich selbstfahrend nach Hause. Mit The Cranberries – Zombie, beendet meine Reise. Ich ordne meine Gedanken, zwinge mich zum hier.
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