Lieber Alexander,
geheimnisvoll bis ans Ende bleibt dein Gedicht; es baut sich auf und wird immer spannender, und ich weiß nicht mit Sicherheit, ob das LI dort, an dem vereinbarten Ort, versetzt wurde, oder ob das Stelldichein tatsächlich stattgefunden hat. Aber das tut in meinen Augen auch gar nichts zur Sache:
Das Herz hat sich wieder einmal narren lassen, hat einen in den Himmel katapultiert, um einen gleich danach ins Nichts fallen zu lassen. Dass man es seinem Herzen nicht vergisst, kann also zweierlei bedeuten.
Die Stelle in der 2. Strophe: "hängst an mir" ließ mich kurz innehalten, weil es sich nach einem Lyrischen Du anhörte, und dieser kaum wahrnehmbare Hinweis gefällt mir, auch wenn, vielleicht mit einem Augenzwinkern, allein und wirklich nur das Herz gemeint ist.
Die vorletzte Strophe bringt noch mehr Licht ins Dunkel: Das LI fällt "in ein leeres trübes Bild", und die Erwartung zerbricht an einem, wahrscheinlich, ähnlich lautenden Menschenbild.
Großartig finde ich die folgende Metapher, in der das LI das LD und das missglückte Treffen(?) nicht einfach abtut und vergisst und sein Herz als "dumm" verlacht, sondern es irgendwo doch bindet, weil auch enttäuschte Liebe und Schmerz an einen gebunden bleiben. Dass es "weit ins Nichts" heißt, zeigt, dass man es verbannt, so weit wie möglich hinaus haben will und doch noch in Sichtweite - so weit, und immer weiter (
ins Nichts: Bewegung) schiebt:
Weit ins Nichts werd ich dich binden,
denn auch Nichts ist mir geblieben.
Das hört sich gefasst an, so als sei es doch etwas(!) das einem geblieben ist - durch das Großschreiben ist das Nichts nicht nur nichts. Die Feinheiten und versteckten Hinweise in deinem Gedicht gefallen mir sehr gut!
Insgesamt fühlt es sich an, als sei das LI abgeklärt und betrachte sein Missgeschick gelassen, fast heiter, und ich lese daraus, dass es nie aufhören wird, sich immer wieder auf das Wagnis Liebe einzulassen.
Hoffe, ich lieg nicht zu sehr daneben mit meiner Deutung - es hat Spaß gemacht! Es könnte auch möglich sein, dass das LI beim Versuch, erneut zu lieben, nur zu sich selbst (und seinem Herzen) gefunden und sich mit keinem Du getroffen hat, was mir ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen würde. Wie auch immer, es ist schön so, auch wenn ich es nicht ganz aufgeklärt bekomme!
Wie Juls bewundere ich dein Gedicht und sage Danke für den Genuss!
LG Nesselröschen