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Feedback jeder Art 🍂 Zwischen den Winden (Chōka)

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Ein Chōka über den Wandel der Jahreszeit
(in drei Teilen mit Tanka-Ausklang)



Der Sommer vergeht,
eine milde Brise weht.
Licht flimmert im Feld,
zittert auf den Halmen sacht
wie ein fremdes Lied,
zieht mir durch das Herz und fort.
Ich verharre still,
da beginnt das Gold zu tanzen
auf dem Pfad vor mir,
und mein Schritt verliert sich bald.

Herbst zieht in mich ein,
legt sich schwer auf meine Lider
wie ein dunkler Hauch.
Fensterscheiben tränen leise,
tropfen ohne Klang.
Eos steigt nur zäh empor,
müde und allein,
verhüllt in graues Schweigen.

Ostwind sticht ins Herz,
trägt Gedanken fort in Kreisen,
fern von meinem Blick.
Still erstarrt mein stummer Atem,
und die Stimme flieht.
Leere füllt den Raum mit Frost,
kein Laut kehrt zu mir zurück.

Nordwind reißt die Türen auf,
verweht die letzten Farben,
aus dem Bild der Welt.

Kälte senkt sich leise nieder,
und der Winter steht bereit.
 
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Lizzys Themen
Hallo Driekes,
ich hab mich jetzt erst mal schlau gemacht, was Deine Form des Gedichtes bedeutet und kann dazu überhaupt nichts sagen, aber Deine Worte haben mich berührt und schwingen in mir nach!
Es ist sicher eine hohe Kunst, so etwas zu schreiben!
Liebe Grüße, Lizzy
 
Hallo Driekes,

es ist bewundernswert, was Du alles aus den fast vergessenen Gedichtformen zaubern kannst.
Dieses hier mit den Winden der Jahreszeiten gefällt mir sehr.
Chōka kannte ich gar nicht.

Liebe Grüße
Chilicat
 
Hallo Lizzy,

danke Dir, dass Du Dich damit beschäftigt hast! 😊
Ursprünglich wurde das Chōka (= Langes Gedicht) vor allem in der klassischen japanischen Literatur verwendet,
um längere Gedichte zu schaffen Mein Text „Zwischen den Winden“ ist ein Beispiel für einen mehrteiligen,
modernen Chōka. Diese Form besteht aus abwechselnden Zeilen mit 5 und 7 Silben und endet klassisch mit
zwei Zeilen zu je 7 Silben – dem sogenannten „7–7-Schluss“ oder „klassischen Schlussdistichon“.
In meinem Gedicht habe ich zum Abschluss ein Tanka eingefügt, was traditionell auch üblich war.
So verbindet mein Text Beobachtung, Stille und persönliche Bewegung ganz im Geist der alten Form.

Ostwind sticht ins Herz (5)
trägt Gedanken fort in Kreisen (7)

Nordwind reißt die Türen auf (5)
verweht die letzten Farben (7)
aus dem Bild der Welt. (5)
Kälte senkt sich leise nieder, (7)
und der Winter steht bereit. (7)

Wenn man in einem Werk eine epischere oder stillere Wirkung willst,
eignet sich der nur 7–7-Schluss oft besser. Der Tanka-Schluss hingegen bringt
meist eine stärkere Subjektivität oder Reflexion am Ende ins Spiel.

Dass der Text in Dir nachschwingt, bedeutet mir viel. Danke dafür. 🍂


Moin Rudolf Fritz-Roessle,

vielen Dank! Ich freue mich, dass Dir die Idee mit den unterschiedlichen Windrichtungen gefällt.
Das Frühjahr ist wirklich ein besonderes Highlight – diese sanften Wechsel zwischen Nord, Ost, Süd und West
sind voller Leben und Hoffnung.

Liebe Chilicat,

vielen lieben Dank für Deine warmen Worte!
Es freut mich sehr, dass Dich die „Winde der Jahreszeiten“ berühren und ich Dir mit dem
Chōka vielleicht etwas Neues näherbringen konnte. Alte Formen neu zu beleben macht
für mich den besonderen Reiz aus – und es ist schön, wenn sie auch anderen etwas schenken.




Herzliche Grüße
Driekes
 
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