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Feedback jeder Art Améliechen

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  • Hera Klit
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Klaus stand fassungslos vor seinem aufgebrochenen Spind. Wie hatte sie das nur geschafft?
Normalerweise war sie nicht zu den geringsten handwerklichen Tätigkeiten fähig.
Und jetzt das hier. Mit seinem Brecheisen hatte sie seinen Spind in seinem Hobbyzimmer aufgebrochen.
Das Vorhängeschloss war zu schwach gewesen. Hatte ihrer Neugier
und ihrem Erkundungstrieb nicht standgehalten.
Einige seiner Sachen waren herausgerissen und lagen verstreut auf dem Boden herum.
Hoffentlich war nichts beschädigt. Klaus sammelte die Sachen ein und legte sie sorgfältig in seinen Koffer.
 
„Wieso tust du mir das an?“, hörte er sie drüben im Wohnzimmer brüllen.
 
Sie hatte ihn schon morgens auf der Arbeit angerufen und unter Drohungen aufgefordert auf der Stelle nach Hause zu kommen.
Wenn nicht, würde sie die ganze Nachbarschaft zusammentrommeln, damit die alle sähen, mit was für einem Perversen sie verheiratet war.
 
„Du bist doch krank, das ist doch offensichtlich.“, bellte sie weiter. 

Ihre Stimme überschlug sich fast.
 
„Schaff‘ nur alles fort, die Kinder sollen das nicht sehen.“
 
Der Laptop, mit dem Klaus so viele aufregende Begegnungen vor der Cam,
in langen Nächten in seinem Hobbyzimmer gehabt hatte, war Gott sei Dank vollkommen unversehrt. 
Klaus gab ihn zwischen die Sachen in den Koffer.
 
„Da glaubt man, man kennt einen Menschen und dann stellt man fest, er ist nicht der, für den er sich ausgibt.
Ich werde die Scheidung einreichen und ich werde das Haus und die Kinder bekommen
und du wirst gar nichts mehr haben, dafür sorge ich du perverses, krankes Schwein.“

An ihrer Tonlage erkannte Klaus, dass sie bald wieder ihre Tabletten brauchen würde.
Er fühlte sich jetzt etwas schuldig, weil er sie in diesen Zustand versetzt hatte.
Obwohl er sie ja nicht darum gebeten hatte, seinen Spind aufzubrechen und in seinen
Sachen zu schnüffeln. Das hatte sie sich jetzt schon selbst zuzuschreiben.
Immer wollte sie genau wissen, wen sie neben sich hätte, ständig fragte sie ihn,
was er denke und ob er sie noch liebe. All diese Frauenfragen. Ihm ging das schon lange auf den Geist.
Hatte sie sich jemals gefragt, ob er sich noch von ihr geliebt fühlte?
Ob das für ihn noch das Leben war, das er sich wünschte?
Die Kinder, das Haus, die Hypotheken, der Hund der ständig Gassi gehen wollte
und der beschissene Job, den er machte, um die ganze Chose am Laufen zu halten.
Ihr war doch egal, ob er auf seine Kosten kam. Funktionieren musste er, wie ein
aufgezogener Spielzeugroboter ohne Hirn und ohne seelisches Innenleben.
 
Klaus begann sich zurechtzumachen und seine tollsten Sachen anzuziehen.
Er prüfte sein Aussehen im Spiegel in der Spindinnentür genauestens.
 
„Wenn du rauskommst, haue ich dir die Pfanne über den Schädel.“, drohte sie.

Klaus wusste aus Erfahrung, dass sie zu hysterischen Gewaltausbrüchen neigte.
Das war ein Grund, warum er niemals den geringsten Versuch unternommen hatte mit ihr zu reden.
„Meine Mutter hatte mich ja gewarnt. So ein verweichlichter Kerl taugt nichts, hatte sie gesagt.
Und jetzt behält sie verdammt noch mal wieder recht.“
Ihre Stimme wurde etwas nachdenklicher.
Aber das hatte nichts zu sagen, Stimmungsschwankungen waren bei ihr an der Tagesordnung.

Klaus musste sich fertigmachen, er wollte optimal, schön und wohlgefällig aussehen.
 
„Denk nicht, dass ich deiner Mutter nicht alles sagen werde. Sie soll ruhig wissen,
welches Subjekt sie gezeugt und aufgezogen hat.“, tönte sie vom Wohnzimmer aus, noch lauter werdend.
„Ich werde das nicht geheim halten, darauf kannst du Gift nehmen, nein alle werden es erfahren, das sage ich dir, du Scheusal.
Dein Chef schmeißt dich sofort raus, wenn ich ihm das stecke. So einen Monteur braucht der sicher nicht. 
Eine Blamage. Was werden die Leute denken, ich begreif das nicht.“

Jetzt klingelte es an der Tür. Seine Frau verstummte abrupt und lief hin, um aufzumachen.

„Ist Améliechen da, ich möchte sie abholen.“, hörte Klaus jetzt eine sonore Männerstimme fragen.
 
Klaus trat hinaus aus seinem Hobbyzimmer in den Wohnungsflur und rief mit der femininsten Stimme
die ihm im Augenblick zur Verfügung stand, zu dem etwas antiquiert wirkenden älteren Herrn im Zweireiheranzug in der Wohnungstür,
 
 „Ja lieber Paul, ich komme schon.“

Seine Frau fuhr herum und sah Améliechens großen Auftritt.
Sie musste mit ansehen, wie Améliechen in ihrem tollsten Zofenoutfit und herrlich mondäner blonder Lockenperücke,  
dem schwarzen Minikleidchen mit dem adretten weißen Kittelschürzchen, durch den Flur auf hohen Heels
mit aufreizenden Schritten herantrippelte und dem wartenden Herrn an der Tür direkt in die Arme fiel.
 
Die beiden küssten sich recht intensiv und dann hielt der Herr Améliechen den Arm hin, in den diese sich gekonnt einhakte.
 
„Ich bin überglücklich, dich endlich mit zu mir nehmen zu dürfen, mein liebes Amélieche.“
sagte der Alte mit ehrlich bewegter Stimme und Améliechen antwortete, nicht weniger
gerührt und aufgekratzt und mit neckischem Augenaufschlag,
 
„Liebster Paul, die Freude ist ganz auf meiner Seite, glaube es mir“.

Dann beobachtet die Ehefrau von Klaus noch fassungslos und ziemlich konsterniert,
wie das ungleiche Paar Arm in Arm durch den Hausflur schritt und durch die schwere Haustür ins Freie trat.
 
Der Hund wollte eigentlich Gassi gehen, aber er wurde in sein Körbchen geschickt
und musste noch Stunden darin ausharren, bis sich jemand erbarmte, mit ihm rauszugehen.

 
 
Da bin ich wieder! 
Also: 
Ich finde es sehr sehr gut, dass die Geschichte nicht in der ersten Person geschrieben ist.
Es muss nicht alles nach "Bekenntnisse" klingen. Vielleicht ist die Erzählung doch über eine dritte Person, aber egal. 
Ich finde es sehr gut, dass ich, als Leser, nicht erfahre, WAS die Frau im Spind gefunden hatte: Nichts dem vulgären Voyeurismus zum fressen geben!
Und, wirklich großartig, dass ich, als Leser, von der wütenden Frau NUR die Stimme erfahre. 
Es ist als da ein genialer Filmregisseur agieren würde, der den Schauspielern Anweisungen gibt. Die Franzosen hatten solche Regisseure, die Italiener, von denen einige Meisterwerke entstanden sind.
Es ist auch ein wahres Talent von dir, eine Tugend, kurze Geschichte kurz zu halten. 
Liebe Grüße
Carlos
 
 
 
 
 
Da bin ich wieder! 


Also: 


Ich finde es sehr sehr gut, dass die Geschichte nicht in der ersten Person geschrieben ist.


Es muss nicht alles nach "Bekenntnisse" klingen. Vielleicht ist die Erzählung doch über eine dritte Person, aber egal. 


Ich finde es sehr gut, dass ich, als Leser, nicht erfahre, WAS die Frau im Spind gefunden hatte: Nichts dem vulgären Voyeurismus zum fressen geben!


Und, wirklich großartig, dass ich, als Leser, von der wütenden Frau NUR die Stimme erfahre. 


Es ist als da ein genialer Filmregisseur agieren würde, der den Schauspielern Anweisungen gibt. Die Franzosen hatten solche Regisseure, die Italiener, von denen einige Meisterwerke entstanden sind.


Es ist auch ein wahres Talent von dir, eine Tugend, kurze Geschichte kurz zu halten. 


Liebe Grüße


Carlos


 


 


 


 
Vielen Dank, lieber Carlos, deine Einschätzung bedeutet mir viel.
 
Ich habe diese Geschichte tatsächlich zu 100 % erfunden.
Ich wollte mal sehen, ob ich das kann.
 
Liebe Grüße
Hera
 
  • Hera Klit
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