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Feedback jeder Art Die tanzenden Schatten – Ein poetischer Essay

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Ein persönlicher Kurs durchs Rauwasser: Liebe, Verlust und die Kunst, Gegenwart zu halten.

Das Leben ist kein ruhiger See, sondern ein wilder Ozean, stürmisch und unberechenbar.
Manchmal trägt mich eine lange Dünung, manchmal schlagen Brecher über mir zusammen.
Was folgt, ist keine Wahrheit für alle Zeiten, sondern eine Momentaufnahme
meiner Fahrt: Notizen vom Deck.

Die Zerbrechlichkeit des Seins:
Der Tod geht leise mit – ein Schatten, der unsere Tage zählt. Auf offener See ist jede Stunde Wetter;
die Karte ist endlich, der Horizont nicht. Gerade weil die Wellen brechen, lerne ich, Kurs zu setzen,
Ballast zu lösen und jeden ruhigen Wellengang auszukosten. Vergänglichkeit wird zum Kompass:
Nähe vor Lärm, Handlung vor Aufschub, Klartext vor höflichem Ausweichen. Ich investiere in das,
was trägt – Schlaf, Gespräche, ein ehrliches Ja und ein entschlossenes Nein –,
verschiebe weniger und danke öfter.

Kleine Rituale helfen: Fenster öffnen, atmen, schauen.
Ich pflege Unfertiges, statt auf Perfektion zu warten,
und lasse Platz für Wunder: jene fünf Minuten,
in denen ein Abend den Himmel wechselt.

Darum liebe ich nicht zaghaft, sondern wach.

Die wilde Kraft der Liebe:
Liebe ist Seegang und Hafen – Anker und Weite zugleich; sie hält, ohne festzubinden.
Sie verschiebt Horizonte, sprengt Routinen; legt sie an, wird die Welt größer, nicht kleiner.
Ich kenne ihr Toben und ihren Trost: Sie wirft mich um und richtet mich auf.
In ihrem Lärm liegt eine tiefere Stille – Einverstandensein.

Verwandtschaft der Seele zeigt sich nicht in großen Worten,
sondern in der Leichtigkeit gemeinsamen Schweigens.
Zwei Leben müssen nicht verschmelzen, um zusammenzuwirken –
eher wie zwei Hände am selben Ruder.
Liebe verspricht keine ewige Ruhe; sie ist die Bereitschaft,
im Sturm zu bleiben und den Kurs zu teilen.

Leidenschaft und Intimität – ein Tanz im Zwielicht:
Leidenschaft ist Schub, Intimität ist Steuer.
Die eine entzündet, die andere hält die Flamme am Leben.
Leidenschaft sucht das Außerordentliche; Intimität macht das Tägliche tragfähig –
Fragen, Zuhören, Grenzen benennen, Fehler zugeben.
Beides verlangt Mut: Ekstase zuzulassen und Ruhe auszuhalten.
Ich will beides – die großen Wellen und die langen Strecken.

Nähe heißt, Verletzlichkeit zu wagen statt Kontrolle zu inszenieren.
Intimität heißt, Wissen voneinander gut zu behandeln.
Wo beides zusammenkommt, entsteht ein Rhythmus,
in dem Begehren nicht verbrennt, sondern wärmt.

Und wenn der Wind dreht, zeigt sich, wie fest das Ruder wirklich sitzt.

Verlust und Verrat – die unaufhaltsamen Wellen:
Manche Brecher kommen ohne Vorwarnung. Sie reißen Reling und Gewissheiten mit,
und plötzlich zählt nicht mehr, was versprochen war, sondern was trägt.
Verrat zerstört Vertrauen im Moment; Wiederaufbau ist Arbeit – und manchmal keine Option.
Ich unterscheide: Schmerz oder Drama? Fehler oder Muster? Entschuldigung oder Veränderung?
Grenzen sind kein Trotz, sondern Navigation.

Ich schwimme nicht jedem hinterher. Ich sichere zuerst die eigene Atmung:
Fakten, Gefühl, Folgerung, nächste kleine Handlung. Dann prüfe ich neu:
Wer fährt mit, wer nicht – und wohin überhaupt. Wer zurückkehrt, tut es mit Haltung;
wer geht, schafft Platz für Klarheit. Nicht alles ist zu retten, aber Würde ist nicht verhandelbar.

Nach Sturm lernt der Blick wieder Farben lesen.

Die Schönheit des Augenblicks:
Gegenwart ist keine Esoterik, sondern Praxis. Ein Lichtwechsel an der Wand.
Das leise Klicken der Tasse auf dem Tisch. Ein Satz, der auf Anhieb sitzt.
Kein Dauerrausch – Aufmerksamkeit. Ich übe, klein zu sehen: Gerüche nach Regen,
die warme Hand auf meinem Rücken, das Lachen aus dem Nebenraum.

Solche Momente sind keine Flucht vor der Welt, sondern Anker in ihr. Sie geben Maß:
weniger Geschwindigkeit, mehr Tiefe; weniger Konsum, mehr Gegenwart.
Ich nenne das nicht Glück, sondern Anwesensein. Und manchmal – mitten im Alltag –
öffnet sich für Sekunden eine stille Weite, in der alles stimmt, ohne perfekt zu sein.

Und genau zwischen Welle und Weite findet das Leben seinen Rhythmus.

Das Leben bleibt ein Tanz im Zwielicht – Wechselspiel aus Licht und Schatten,
Freude und Schmerz. Wer die Endlichkeit annimmt, liebt wacher, leidet klarer,
wählt entschiedener. Die Schatten tanzen nicht gegen das Licht,
sondern mit ihm. Darin liegt ihre Schönheit.
 
Hallo @Driekes

Ein wunderbarer poetischer Essay über das Leben und die Liebe. Wie ein Spotlight beleuchtest du gedanklich den Wellenteppich des Lebens. Oder anders gesagt: ist das Leben der Rock, so ist die Liebe das Futter.

Ich habe dir sehr gerne gelauscht!
LG Teddybär 🐻
 
Hallo Driekes,
gern auf den Wellen des Lebensmeeres mitgetrieben, die Segel in den Wind der Emotionen gestellt und den Horizont erweitert bis irgendwann zwischen Licht und Schatten ein Hafen auftaucht.
LG
Perry
 
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