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Feedback jeder Art Eine Blume Asiens

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  • Freiform
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Es regnete in Strömen und da ich für dieses Wetter alles andere als richtig angezogen war, dauerte es nicht lange, dass ich bis auf die Unterhose durchnässt wurde. Der Regen war zudem ungewöhnlich kalt für diese Jahreszeit und so klapperten meine Zähne wie Kastagnetten. Lange würde es sicher nicht brauchen, bis ich mir eine ordentliche Erkältung einfangen würde. Ich brauchte also Schutz und möglichst einen Ort, wo ich mich wieder aufwärmen könnte.
Optionen gab es zum Glück reichlich, da war zum Beispiel das Kaufhaus gegenüber, das für mich aber aufgrund der Menschenmenge ausfiel. Große Menschenmengen sind mir unangenehm und alleine der Gedanke daran ließ mich noch mehrere Solos auf den Kastagnetten schlagen. Daneben lagen einige Einzelhandelsgeschäfte, die für mich ebenfalls ausfielen, wer hat schon Lust, sich wie ein durchnässter Pudel in ein Schuhgeschäft zu setzten. Außerdem bemerkte ich schnell, dass ich bei Weitem nicht der Einzige war, der versuchte, sich ins Trockene zu retten. So folgten meine Augen dem Strom der Menschen und suchten den Ort, wo sich am wenigsten von der Spezies hinbewegten.
Ich wurde schnell fündig, die Straße nach rechts runter dünnten sich die Geschäfte langsam aus und an ihrem Ende blinkten chinesische Schriftzeichen in unregelmäßigen Abständen grell auf. Die Leuchtreklame schien wohl defekt zu sein und aus der Entfernung sah der Laden auch nicht wirklich einladend aus. So war es nicht weiter verwunderlich, dass sich niemand in seine Richtung bewegte. Meine Wahl war getroffen und ich zögerte keine Sekunde, mich in Bewegung zu setzen, um diesem Sauwetter zu entkommen.
Es waren nur etwas mehr als hundert Meter bis dorthin, die ich zügig überbrückte. Dort angekommen, warf ich einen Blick ins Restaurant und ganz zu meiner Freude war der Laden fast menschenleer, wenn der erste Eindruck auch weniger einladend war. Mir fiel zuerst gar nicht auf, dass sich ausnahmslos ältere Asiaten in dem Laden aufhielten, und dementsprechend wurde ich etwas verwundert angeschaut, als ich eintrat, als wenn ich mich in der Tür geirrt hätte. Das schreckte mich aber nicht ab, und als mich die Gerüche Asiens erreichten, besserte sich meine Laune schlagartig. Ich setzte mich so weit wie möglich von der Eingangstür und den anderen Gästen weg. Hängte das vor Wasser triefende Sommer Jäckchen zum Trocknen über den Stuhl und warf einen Blick in die Karte.
Hunger verspürte ich eigentlich keinen, aber ich wollte unbedingt etwas Warmes zu mir nehmen. Also durchforstete ich gewissenhaft jede einzelne Seite der üppigen Speise und Getränkekarte und bemerkte gar nicht, dass du an meinen Tisch herangetreten warst. „Was darf ich Ihnen bringen?“ Und als ich den Kopf hob, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen, auch wenn mir bewusst war, dass es mehr als eine Milliarden Chinesen auf diesem Erdball gibt, warst du mit Sicherheit die schönste Blume Asiens, die je mein Augenlicht berührte. Ich war vollkommen sprachlos und erst als du deine Frage wiederholtest „Was darf ich Ihnen bringen?“ Wachte ich aus meinem Traum auf. „Ich nehme erst einmal einen Tee, möglichst einen, der gut wärmt. Sie dürfen aussuchen, welchen. Ich vertraue Ihnen da voll und ganz!“
Da meine Kastagnetten sich immer noch nicht ganz beruhigt hatten, obwohl es schön muckelig in dem Laden war, klang meine Antwort wohl sehr belustigend auf dich, denn du konntest dir ein Kichern nicht verkneifen. Peinlich berührt nahmst du schnell deine Hand vor den Mund „Entschuldigen Sie bitte, ich wollte mich nicht über Sie lustig machen, aber das klang gerade zu komisch. Wäre Ihnen ein Jasmin Tee recht? Den habe ich zufällig gerade aufgesetzt, dann müssen Sie nicht lange warten, bis Sie etwas Warmes bekommen.“
„Sehr gerne!“ Klapperte ich wieder antwortend und als sich unsere Blicke trafen, konnten wir beide nicht anders, als im Duett zu kichern, worauf sich alle Blicke des Restaurants kurz auf uns lenkten. „Sehr wohl der Herr.“ Versuchtest du dich wieder in den Griff zu bekommen und als es dir schlussendlich gelang, notiertest du kurz die Bestellung und entferntest dich, um den bestellten Tee zu holen.
Ich konnte gar nicht anders, als dir hinterher zu starren. Du warst ungewöhnlich groß für eine Asiatin und dein Körperbau nicht ganz so zierlich, wie man es erwarten würde, fast europäisch anmutend. Lange schlanke Finger zierten deine Hände, die beide nicht beringt waren, was nichts bedeuten musste, ich aber erfreut zur Kenntnis nahm. Du warst gerade erst durch die Schwingtür zur Küche hindurch, als du auch schon wieder aus ihr herauszukommen schienst, inklusive meiner Bestellung. Der Tee war also wirklich schon fast fertig und auch wenn es äußerst unhöflich war, konnte ich den Blick nicht von dir nehmen. Als du es bemerktest, röteten sich deine Wangen und du senktest sofort den Blick, worauf mir mein unschickliches Verhalten erst wirklich in seiner vollen Tragweite bewusst wurde. „Entschuldigen Sie!“ Und diesmal war ich peinlich berührt „Ich wollte Sie wirklich nicht anstarren!“ „Die Entschuldigung nehme ich gerne an, der Herr. Jetzt haben wir uns beide einmal ungebührlich benommen, wir sind also quitt!“ Und es schien so, als wenn dir dieser Ausgleich wirklich etwas bedeutete, denn du schenktest mir das schönste Lächeln ganz Asiens.
 
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Moin, lieber Freiform, 
eine schön romantische Geschichte,
unterstreicht mit exotischer instrumental Musik.
Sehr gerne zugehört, gelesen.
Herzliche Weihnachtsgrüße
von Josina
 
Hallo Freiform,
es fehlt nur noch, dass deine Nachbarin, die sich auch Calzone bestellte, plötzlich das Restaurant betritt...
Eine super Erzählung, die bestimmt du tatsächlich erlebst hast.
Die bezaubernde junge Dame ist wohl in Deutschland aufgewachsen. 
Du hast "Trauma" statt Traum geschrieben.
 
Da betrete ich ein chinesischen Laden und zack! Bin in den Bergen von Sikkim! 
Weit weg und irgendwie auch in die Vergangenheit versetzt, bei diesen feinen Klängen
Zerbrechlich und klar wie dünne Eiskristalle und kalte Tropfen die Gebirgsbäche hoch oben im Nebel füllen. 
 
Vielen Dank! 
LG JC
 
Hallo Josina,
ich hoffe, du konntest trotz der Umstände Weihnachten genießen!
 
Dankeschön fürs lesen und lauschen!  :smile:
Hallo Carlos,
die bestimmt du tatsächlich erlebst hast.
nein zum Glück nicht, da hätte mein Frau was dagegen... :whistling:
 
Die bezaubernde junge Dame ist wohl in Deutschland aufgewachsen. 
wirst du wohl aufhören zu spoilern, du kannst doch nicht alle verraten... :whistling:
Dankeschön!  :whistling:
Hallo Joshua,
ich mag den Klang der Yanquin. Da ich erst neustens einen neuen Klangerzeuger bekommen habe, ist im Zuge des Experimentierens jede Menge Material entstanden.
Dankeschön!  :whistling:
Ich danke euch allen ganz herzlich fürs lesen und lauschen.
@Josina@Carlos@Joshua Coan@Ponorist@Melda-Sabine Fischer@Lightning@Gina
 
Grüßend Freiform

 
 
 
Guten Morgen Freiform, nun habe ich den Anfang gefunden und gelesen. Du hast eine so bezaubernde Art zu erzählen, achtest beim Beschreiben auf Details und wählst gute Vergleiche. Ich konnte die Zähne regelrecht klappern hören und wärmte mich gern mit in dem Restaurant. Als Leser konnte ich gut in die Geschichte einsteigen und wurde von der Handlung mitgenommen.
 
Lieben Gruß Darkjuls
 
  • Freiform
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