In der Adventszeit zählen wir Pakete, Fristen, Wünsche –
kaum jemand zählt die Schritte derer, die das alles tragen.
Bevor unsere Karten im Kerzenlicht gelesen werden,
hat jemand mit klammen Fingern den Umschlag sortiert, getragen, zugestellt.
Mit der folgenden Ode möchte ich den Menschen ein kleines Dankeschön widmen,
die unsere Post und Pakete bringen – den stillen Boten im Winter.
Euch allen eine ruhige Adventszeit
LG. Driekes
O du, der durch die frühen Straßen gehst,
wenn der Morgen noch wie Asche in den Bäumen hängt,
du trittst das Salz vom Rand der Wege,
trägst fremde Namen
wie kleine, stumme Glocken in deiner Tasche.
In deinem Wagen raschelt die Welt:
Werbung, die im Papierkorb landet,
Rechnungen, die man zu spät öffnet,
und dazwischen ein Brief
mit krummer Kinderschrift,
ein Päckchen: „Vorsicht, zerbrechlich – Liebe drin“,
ein Gruß an jemanden,
der sich längst vergessen glaubte.
O Bote im Winterlicht,
du trägst mehr als nur Papier.
O du, der in muffigen Hausfluren
die Luft anhält,
damit der Hund nicht tobt
und das Herz der alten Frau im dritten Stock
nicht noch schneller schlägt,
du nimmst dir ihre zwei Minuten Einsamkeit,
steckst ein Lächeln dazu
und gehst weiter,
als wäre es Dienstweg.
Draußen frisst der Dezember deine Hände,
der Wind schneidet durch die Jacke,
Treppenhäuser ohne Licht,
Hinterhöfe ohne Aufzug.
Dein Scanner piept,
als wäre alles ein Spiel,
doch deine Schritte zählen schwer
die Sorgen, die du auslieferst,
Paket für Paket,
Brief für Brief.
O Bote im Winterlicht,
du trägst Lasten, die niemand sieht.
O du, der Geheimnisse bewegt,
versiegelt in Papier und Pappe:
Prüfungsergebnis,
Kündigung, Zusage,
Flugticket in ein anderes Leben,
ein „Ich liebe dich“ auf vier Zeilen,
das in keinem Messenger Platz findet –
du liest es nicht,
doch du weißt,
dass es solche Sätze noch gibt.
Und wenn am Abend
die Lichterketten flimmern
und die Werbung „Frohe Weihnachten“ schreit,
ziehst du die Schiebetür deines Wagens zu,
reibst dir die Schultern,
spürst das Gewicht des Tages.
Darum gilt dir diese Ode:
dir ohne Krone, ohne Rüstung,
mit gelber Jacke
und einem Namen,
den kaum jemand kennt.
O Bote im Winterlicht,
möge manchmal
eine Tür für dich aufgehen,
an der jemand leise „Danke“ sagt –
nicht nur fürs Paket,
sondern dafür,
dass du gekommen bist.