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Traumerlebnis
Es ist vier Uhr dreiundfünfzig. Ich öffne den Laptop, um einen Traum festzuhalten, der mich eben besuchte.
Ich kam im Traum spätabends an A.s Elternhaus vorbei. Es war bereits nächtlich finster. In A.s Zimmer war Licht. Die Traumbilder waren sehr realistisch, ich wunderte mich über die Lichteindrücke. Die Straße, das Zimmer – alles so, als erlebte ich es in der Realität.
Ich blieb vor dem Haus stehen und blickte zum Fenster. Hoffte, A. zu sehen. Aber es schien niemand im Zimmer zu sein. Aber wenn ich schon mal hier bin, dachte ich im Traum, kann ich auch klingeln und nach A. fragen. Ich ging durchs Tor, lief bis zur Haustür, und drückte den Klingelknopf. Ich hörte es drinnen deutlich klingeln. Wartete. Aber nichts passierte. Inzwischen hatte ich entdeckt, dass die Haustür nur angelehnt war. Ich zögerte nicht lang, und ging hinein. Nahm die Stufen zur Wohnung. Lauschte vor der Tür, drückte die Klinke, trat ein. Was sage ich, wenn mir jetzt jemand entgegentritt? „Entschuldigung, ich habe Licht bei A. gesehen und wollte fragen, ob sie da ist. Mein Klingeln hat wohl niemand gehört, tut mir leid …“ Aber niemand erschien. Vier Schritte zum Zimmer.
Ich gehe hinein, mache die Tür von innen wieder zu. Ich schaue mich in A.s Zimmer um. Es hat sich kaum verändert. Auf dem Tisch Schulsachen, wohl die ihrer Töchter. Ich zögerte, ob ich sofort wieder rausschleichen sollte, denn ich hörte auch aus den anderen Räumen keine Geräusche, die auf die Anwesenheit von irgendjemandem schließen ließen. Ich bemerkte ein paar unbeschriebene Karoblätter auf dem Schulkram, und beschloss, wenigstens eine Nachricht zu hinterlassen. Der einzige offen daliegende Stift war ein Tintenkiller. Ich schrieb:
Guten Abend A., ich kam zufällig vorbei und sah Licht in deinem Zimmer. Da alle Türen unverschlossen waren, erdreistete ich mir, bis hier her vorzudringen, in der Hoffnung, dich anzutreffen. Einfach ein paar Momente in deine Augen zu schauen, deine Stimme zu hören. Mehr nicht. Es wäre mir ein Glücksmoment gewesen. Nun werde ich wieder verschwinden, wie ich kam. Ungesehen. Ich hoffe, es geht dir gut. Leb wohl! O.
Wieder draußen, führte ich meinen Spaziergang fort. Vor mir das dunkle Ende der Straße, wie damals, vor etwa vierzig Jahren.
In den Traum hinein denke ich, dass ich ihn notieren müsse. Er ist so fantastisch reell, und ich fühle mich unendlich wohl in diesem Traum. Mehrmals habe ich innerlich gefeixt über meine harmlose Unverfrorenheit, mit der ich in das Haus ging, A.s Zimmer betrat. Allmählich, in der Vermischung mehrerer Bewusstseinsebenen – Traum, Halbschlaf, Erwachen – mischt sich Traurigkeit in das Wohlgefühl. Traurigkeit, dass ich A. nicht erlebt habe, dass ich sie nicht antraf.
Was bleibt, ist ein niedergeschriebener Traum. Eine angenehme Erinnerung. Pure Freude am Wunder des Träumens.
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Traumerlebnis
Es ist vier Uhr dreiundfünfzig. Ich öffne den Laptop, um einen Traum festzuhalten, der mich eben besuchte.
Ich kam im Traum spätabends an A.s Elternhaus vorbei. Es war bereits nächtlich finster. In A.s Zimmer war Licht. Die Traumbilder waren sehr realistisch, ich wunderte mich über die Lichteindrücke. Die Straße, das Zimmer – alles so, als erlebte ich es in der Realität.
Ich blieb vor dem Haus stehen und blickte zum Fenster. Hoffte, A. zu sehen. Aber es schien niemand im Zimmer zu sein. Aber wenn ich schon mal hier bin, dachte ich im Traum, kann ich auch klingeln und nach A. fragen. Ich ging durchs Tor, lief bis zur Haustür, und drückte den Klingelknopf. Ich hörte es drinnen deutlich klingeln. Wartete. Aber nichts passierte. Inzwischen hatte ich entdeckt, dass die Haustür nur angelehnt war. Ich zögerte nicht lang, und ging hinein. Nahm die Stufen zur Wohnung. Lauschte vor der Tür, drückte die Klinke, trat ein. Was sage ich, wenn mir jetzt jemand entgegentritt? „Entschuldigung, ich habe Licht bei A. gesehen und wollte fragen, ob sie da ist. Mein Klingeln hat wohl niemand gehört, tut mir leid …“ Aber niemand erschien. Vier Schritte zum Zimmer.
Ich gehe hinein, mache die Tür von innen wieder zu. Ich schaue mich in A.s Zimmer um. Es hat sich kaum verändert. Auf dem Tisch Schulsachen, wohl die ihrer Töchter. Ich zögerte, ob ich sofort wieder rausschleichen sollte, denn ich hörte auch aus den anderen Räumen keine Geräusche, die auf die Anwesenheit von irgendjemandem schließen ließen. Ich bemerkte ein paar unbeschriebene Karoblätter auf dem Schulkram, und beschloss, wenigstens eine Nachricht zu hinterlassen. Der einzige offen daliegende Stift war ein Tintenkiller. Ich schrieb:
Guten Abend A., ich kam zufällig vorbei und sah Licht in deinem Zimmer. Da alle Türen unverschlossen waren, erdreistete ich mir, bis hier her vorzudringen, in der Hoffnung, dich anzutreffen. Einfach ein paar Momente in deine Augen zu schauen, deine Stimme zu hören. Mehr nicht. Es wäre mir ein Glücksmoment gewesen. Nun werde ich wieder verschwinden, wie ich kam. Ungesehen. Ich hoffe, es geht dir gut. Leb wohl! O.
Wieder draußen, führte ich meinen Spaziergang fort. Vor mir das dunkle Ende der Straße, wie damals, vor etwa vierzig Jahren.
In den Traum hinein denke ich, dass ich ihn notieren müsse. Er ist so fantastisch reell, und ich fühle mich unendlich wohl in diesem Traum. Mehrmals habe ich innerlich gefeixt über meine harmlose Unverfrorenheit, mit der ich in das Haus ging, A.s Zimmer betrat. Allmählich, in der Vermischung mehrerer Bewusstseinsebenen – Traum, Halbschlaf, Erwachen – mischt sich Traurigkeit in das Wohlgefühl. Traurigkeit, dass ich A. nicht erlebt habe, dass ich sie nicht antraf.
Was bleibt, ist ein niedergeschriebener Traum. Eine angenehme Erinnerung. Pure Freude am Wunder des Träumens.
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