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Feedback jeder Art Meine Heimat ist der Wald (Ein Tierschicksal)

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Diese Geschichte handelt von einem Reh und ist eine wahre Begebenheit. Mein Erlebnis liegt schon viele, viele Jahre zurück. Ich denke aber noch oft mit Freude und auch Wehmut an diese schöne Zeit.
Ich war circa 9 oder 10 Jahre alt und auf dem Weg von der Schule nach Hause. Es war ein langer Schulweg, welchen ich täglich bewältigen musste. Damals gab es noch lange keinen Schulbus. Und so ging ich fast 1 Stunde, und das meistens alleine, da mein Elternhaus ein einzeln stehender Bergbauernhof war. Zum größten Teil bestand mein Schulweg aus einem Pfad welchen ich auch mit geschlossenen Augen hätte gehen können. Und jeder Stein war mir vertraut. Es war ein strahlend schöner und sehr warmer Sommertag. Glücklich über eine gute Schularbeitsnote, wanderte ich fröhlich und singend den Weg entlang. Auf dessen rechter Seite ein Mischwald war. Mit vielen großen und kleinen Bäumen. Ich wusste genau an wie vielen Bäumen ich täglich vorbeigehen musste, hatte sie auch oft genug gezählt. Der Wald war geteilt durch einen Wildbach. Da suchte ich, wenn mir sehr heiß war in einem Bachbett die ersehnte Abkühlung. Auf der linken Seite des Weges war ein ganz großes Feld. Es gehörte dem Grafen vom Schloss Mondsee.
Goldgelbe Ähren wogen sich in dem Haferfeld. Mit der Natur eng verbunden schlenderte ich zwischen Wald und Feld. Plötzlich vernahm ich ein seltsames Geräusch. Ein zarter Pfeifton unterbrach meinen Gedankengang. Zuerst erschrak ich. Es hörte sich an als kämen die Signale aus dem Feld. Ich stapfte in das Haferfeld und ging der Stimme nach. Aber was sah ich da? Ein ganz kleines Reh ! Ja. Ein Bambi ! Mein Gott, wie war das Tier lieb anzuschauen. Und wie groß war meine Freude. Ich dachte nicht daran, dass das kleine Reh auch eine Mutter hatte welche sich um ihr Kind kümmerte. Nein, keineswegs. Für mich war es ein von allen verlassenes kleines Geschöpf, welches ab nun geliebt und beschützt werden musste. Ich machte mir nur Gedanken, wie ich das Rehlein am besten heimbringen könnte. Da kam mir eine Idee: Ich hatte ja die Schultasche bei mir. Ein lederner, auf beiden Seiten mit schmalen Holzbretten versehener Ranzen. Man konnte diesen nur auf dem Rücken tragen. Ich lehrte ihn aus. Die Bücher, Hefte, das Tintenfass und eine hölzerne Federschachtel versteckte ich im Wald neben dem Bach. Unter einer großen Baumwurzel. Dann holte ich mir das Bambi, legte es behutsam in den Schulpack und rannte heim. Ganz aufgeregt, so schnell mich die Füße trugen , zu Hause angekommen, kam Mutter mir schon entgegen. "Ach Mutter", sagte ich, "Schau was ich im Haferfeld gefunden habe ! Aber das gehört nur mir alleine!"
Ich nahm meinen Schulpack vom Rücken und holte das Bambi aus seinem Versteck. Doch meine Mutter sah mich nur an und sagte mit strenger Miene: "Bring sofort das Tier wieder dorthin, wo du es hergeholt hast! Das Reh hat doch eine Mutter, die sich um das Junge kümmert !"
Ich flehte meine Mutter an, mein Bambi behalten zu dürfen. Aber alles Bitten war vergeblich.
Ich ging mit dem Rehbaby wieder zurück zu dieser Stelle, wo ich es gefunden hatte, setzte mich in das zerstampfte Haferstroh, legte das Bambi auf meinen Schoß und wartete..... Ich wollte das Tier doch nicht alleine lassen ! Ich erzählte meinem Rehlein, welch glückliches Leben es auf unserem Bauernhof haben würde und versprach ihm, dass es neben einem Hund, Katzen, einem Pferd, Kühen, einer Krähe und anderen Tieren aufwachsen dürfte. Nach cirka einer Stunde des Wartens auf die Rehmutter, welche natürlich nicht kam, legte ich das Rehbaby in meine Schürze und ging wieder heim. Meine Ängste zermürbten meine Seele. Aber ich war froh und felsenfest entschlossen, dass ich das Tier nie mehr hergeben würde. Ich hatte mir auch schon einen Namen ausgedacht: Hansi sollte mein Bambi heißen. Ich malte mir für Hansi die schönsten Bilder aus. Ja, ich vergaß sogar auf meine Schulsachen unter der Baumwurzel, welche ich mir erst am Morgen auf dem Weg zur Schule wieder hervorholte.
Daheim wieder angekommen, glücklich und traurig zugleich, wollte ich gar nicht in die Stube gehen. Als meine Mutter sah, dass ich das Tier noch immer in meiner Schürze gewickelt wieder mit nach Hause brachte, sagte Sie: " Sag einmal, mein liebes Kind, was willst du mit dem kleinen Reh? Das kann doch noch nicht alleine trinken. Und schon gar nicht Gras fressen. Meinetwegen, behalte es ! Denn die Rehmutter würde das Junge wahrscheinlich ohnehin nicht mehr annehmen. Aber ich sage dir ein für alle mal: DU musst dich um das kleine kümmern so gut es geht."
" Danke, Mutter. Ich werde das Bambi hegen und pflegen. Es soll ihm an nichts fehlen."
Und so begann ich sogleich mit meinen Pflichten, füllte ein Kinderfläschchen mit Milch und begann, Hansi zu füttern. Zuerst stellte er sich dumm an, lernte jedoch schneller, als ich dachte , und im Nu war das Fläschchen leer getrunken. Ich erklärte ihm auch, dass er nun Mitglied am Hofe sei und auf den Namen Hansi zu hören hatte. "Du bist hier daheim und es soll dir gut gehen und an nichts fehlen. Dafür will ich sorgen." Für Hansi begann das Alltagsleben. Er gewöhnte sich rasch an meine Eltern, meine sieben Geschwister und an mich. Auch den Hund und die Katzen liebte er so sehr, dass er meistens bei den Tieren schlief. Nach einigen Wochen konnte Hansi alleine trinken. Wenn meine Eltern die Starlarbeit verrichteten, lief er ihnen immer hinterher bis die Kühe gemolken waren. Dann ging er zur Schüssel und konnte es kaum erwarten, bis sie mit Milch gefüllt wurde. Der Hund, die Katzen und Hansi tranken mitsammen aus einer großen Schüssel. Wenn Hansi zu wenig erwischte, ging er mit Mutter in die Küche, trat ihr auf die Füße und bettelte so lange, bis er noch etwas bekam. Um
6 Uhr morgens ging mein Vater täglich auf die Wiese und mähte das Gras. Hansi war immer dabei und suchte sich gleich die besten Gräser. Alle Familienmitglieder, und jeder, der Hansi sah, mochten ihn.
Er war so zahm wie Lian, unser Haushund. Wenn ich zur Schule ging, begleitete er mich circa 200 Meter. Aber immer an derselben Stelle drehte mein Rehlein um und ging heim. Nachmittags, wenn ich aus der Schule kam, rief ich: "Hansi ! " Und schon lief er mir entgegen. Hansi wuchs sehr schnell heran und war nach einem Jahr ein wunderschönes Reh. Cirka 150 Meter vom Hof entfernt war ein Wald. Hansi ging auch gerne dorthin, kam aber zwischendurch zum Milchtrinken und Schlafen zum Haus zurück. Eines Tages streichelte Vater das Reh und sagte: "Hansi wird um den Bauch herum immer stärker. Ich glaube er ist eine SIE und bekommt Junge." Das war für mich unverständlich. Doch es fiel mir auf, dass Hansi sich immer öfter und länger im Wald aufhielt bis sie eines Tages nicht mehr nach Hause kam. Die ganze Familie war über Hansis Weggang unglücklich. Auch Lian, unser Hund, war traurig. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wochen und Monate vergingen, und ich bemühte mich, Hansi aus meinem Gedächtnis zu streichen. Aber die Sehnsucht wurde immer größer. Täglich ging ich nach der Schule in den Wald und rief: " Hansi, komm heim ! Du fehlst mir so sehr !" Aber kein Lebenszeichen von Hansi. Langsam gab ich die Hoffnung auf und glaubte fest, sie wäre nicht mehr am Leben.
Irrtum ! Hansi hatte Leben gegeben ! Das war für uns eine ganz große Überraschung. Hansi Äste unweit vom Hof entfernt mit zwei kleinen Bambis. Ich war unbeschreiblich glücklich.
Doch Hansi hatte sich verändert. Sie lief zwar nicht weg, ließ sich auch streicheln, hielt aber immer einen Abstand zum Haus und ging nicht mehr hinein. Ihr Verhalten war anders geworden. Monate ging das so weiter. Hansi war mit den Jungen stets in unserer Nähe. Die kleinen Rehe wuchsen schnell heran. Hansi hatte uns nicht vergessen. Eines Tages, als ich morgens die Haustüre aufmachte, stand Hansi, ohne ihre Rehkinder, die inzwischen schon groß waren, vor der Tür. Ja, unsere Hansi war wieder zurückgekommen ! Sie ging auch wie früher wieder in den Stall, trank ihre Milch und hielt sich auch oft mit uns in der Stube auf.
Nach zwei Jahren bekam Hansi wieder Junge und war auch nicht mehr so zahm. Gar oft sagte ich zu meinem Reh: "Hansi, komm heim !" Aber das Tier, das wir so liebten, entfernte sich immer weiter von uns. Einmal gab Hansi mir noch Gelegenheit sie zu streicheln. Dabei schaute sie mich mit Ihren braunen Augen traurig an als wollte sie sagen: Habt Dank für alles. Es ging mir gut, aber versteht mich: Meine Heimat ist doch der Wald !
Hansi hatte uns mit ihren Kindern für immer verlassen.
Was ich auch "HANSI!" in den Wald hineinrief..... Zurück kam nur mein Echo "HANSI !"
 
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