Feedback jeder Art Nikolausabend (Satirische Miniatur)

[Driekes]

Früher stellte man am Nikolausabend Schuhe vor die Tür.
Heute sitzt man vor dem Bildschirm und hofft,
dass die kleine Glocke oben endlich leuchtet.

Früher brachte der heilige Mann Nüsse, Mandarinen, vielleicht ein Buch.
Heute bringt der Algorithmus Empörung im Abo,
vorgewürzte Meinungen, Hass mit Expressversand.

Mein „Wunschzettel“ liegt nicht mehr im Stiefel,
sondern irgendwo in der Cloud:
Liebe und Respekt für Tier und Mensch.
Achtung vor Natur und Leben.

Der Algorithmus scrollt weiter.
„Zu wenig Klickpotenzial“, murmelt er
und schlägt mir stattdessen ein Streitvideo vor.

Ich stelle mir Nikolaus mit Tablet vor.
Er tippt meinen Wunsch ein.
Auf dem Display steht:

Artikel: Anstand.
Status: nicht verfügbar.
Ähnliche Produkte: Empörung, Zynismus, Katzenvideos.

Später am Abend leuchtet die Glocke doch noch.
Ein Like unter meinem Text: „Hat mich nachdenklich gemacht.“

Vielleicht ist das alles,
was der moderne Nikolaus noch liefern kann:
einen kurzen Moment Nachdenken,
bevor wieder jemand zuschlägt.





Illustration:
KI-generiert (eigene Vorgabe)

 

[Teddybär]

Hallo Driekes

O ja, die Zeiten ändern sich, die Erwartungshaltung ist eine andere.
Aber:
Ich stelle auch jetzt noch meine Schuhe raus
Vielleicht putzt sie ja der Nikolaus!
(Meist tut er das nicht, sondern stopft Erdnüsse und Mandarinen rein).

LG Teddybär 🐻

 

[Driekes]

Moin Teddybär,

danke für deinen Kommentar.
Deine geputzten Schuhe mit Mandarinen gefallen mir besser als jeder Online-Like –
Kindheit vor der Tür schlägt Algorithmen auf dem Bildschirm.

Einen schönen Nikolaus dir!

 

[Perry]

Hallo Driekes,
Nikolaus im Internet, kann Ich mir eventuell als Chatgpt vorstellen, der man seine Wünsche vorträgt und auf mögliche Erfüllungsvorschläge hofft.
Bei uns in Bayern kommt der Nikolaus und ggfs auch Knecht Ruprecht am 5. 12. von den Eltern bestellt und instruiert ins Haus und liest den Kindern die Leviten, danach bekommen sie Tüten mit Süßigkeiten ect.
In deinen Zeilen glaube Ich mehr den Weihnachtsmann zu erkennen, aber das ist nebensächlich, denn im Text geht es ja mehr um eine kritische Übertragung des Weihnachtsbrauchs ins Neuzeitliche und das schreckt mehr ab als das es Freude macht. 😉
Gern Reingespürt und LG
Perry

 

[Driekes]

Moin Perry,

danke dir fürs Reinschauen und deine Gedanken.
Eure bayerische Variante mit bestelltem Nikolaus und Knecht Ruprecht
hat natürlich mehr Mandarinen und Herzklopfen als meine Bildschirm-Version.

Du hast recht: Im Text ist es eher eine Mischung aus Nikolaus und Weihnachtsmann –
mir ging’s weniger um die korrekte Figur als um den Sprung vom Stiefel vor der Tür zum „Ping“ am Bildschirm.
Heimelig sollte das Ganze auch gar nicht sein, eher ein kleiner Stachel in der Vorweihnachtszeit.

Und ob der Nikolaus dabei einen Heiligenschein trägt oder eher ein Scheinheiliger ist,
darf sich jede*r selbst aussuchen. 😉

Die Idee „Nikolaus als ChatGPT“ gefällt mir übrigens sehr.

LG, Driekes

 

[Chilicat]

Lieber Driekes,

die Zeiten ändern sich und wir laufen ihnen hinterher. Und doch ziehen heute und morgen immer noch zahlreiche Nikoläuse mit Esel, Sack und Knecht Ruprecht durch die Straßen, zur Freude der erwartungsvollen Kinder und mancher Erwachsener. In der Kita meiner Tochter haben alle heute den Samichlaus im Wald besucht.
Freuen wir uns, dass es dieses Fest trotz des internetlichen "Fortschritts" immer noch gibt.

Liebe Grüße
Chilicat


Es klingelt leis das Glöckchen schon,
der Nikolaus steht vor der Tür,
ein Ho Ho Ho vom Handyton,
geht grantig auf die Nerven mir.

In seinem Sack ein WhatsApp liegt,
mit Nüssen von der Clementein,
wenn Süßes sich an Ohren schmiegt,
ist alter Brauch nur blasser Schein.