(eine halbwegs gereimte Erzählung)
Die Frau ohne Kopf und der Mann mit dem Schwert
ruhen in wirbelndem Tanz.
Das Lamm ohne Augen und die Taube aus Stein
umrahmen den Ball in nebligem Glanz.
Die Taube bedroht die Wesen in Not,
gebettet in tiefdunkles Rot.
Es ist die Nacht der Verschiedenen,
die einsam und abgeschieden sind.
Sie wandeln durchs Haus der Verwesung,
zu Gast bei Mutter Gruft.
Endlich! Ein Fest der Leichen.
Und unter Modernden und Bleichen
steigt der Ball der stillen Herzen,
die weder schlagen noch scherzen.
Die Vergessenen der Metropole
finden sich in der Nekropole
zum Tanz der Untoten ein.
Und in leeren Augenhöhlen
glimmt schwefliger gelber Schein.
Reden ist Silber, Schweigen ist Tod,
man spricht hier nicht, nicht mal mit Gott.
Der Tanzboden zuckt rhythmisch mit.
Das sind die Knochen von Soldaten,
abgehobelt von Granaten,
die auch ein wenig mittun möchten.
Sie sind nur noch als Dielen tauglich.
Ein General ist auch dabei, glaub‘ ich.
Und über ihnen, noch ganz in Weiß
ein Brautgerippe schwebt.
Die hat die Hochzeitsnacht nicht mehr erlebt,
weil sie an ihrem schönsten Tag,
sich tanzte in ´nen Herzinfarkt.
Ein alter Spanner sieht ihre spitzen Rippen
durch’s fadenscheinige Kleidchen blitzen.
Naja, so ein Voyeur hat’s hier nicht schwer -
lange halten die Leichenhemden nie.
Jetzt hat er ´nen Hang zur Nekrophilie.
Ab und zu ging er kleine Mädchen erschrecken,
heut schaut er ihnen in die leeren Becken.
Er hat schwere Zeiten durchgemacht.
er weiß noch, er ist Jahrgang null-drei:
Dreiundvierzig, Fronturlaub,
da haben sie ihn geschnappt,
da war es mit ihm vorbei.
Und der wurstige Gestapomann,
der ihn damals in die Finger bekam,
der ihn gefoltert und erschossen hat,
freundet sich langsam mit ihm an.
Die Gäste schlürfen von den Kränzen
frischer Gräber mondbeschienenen Tau.
Die Toten sagen, wenn’s Neumond war,
macht der Tau sogar die Toten blau.
Das Fest mimt Fortschritt, Skelette feiern
und heiser zwischen Urnenfeuern
verqualmen sie Weihrauch wie Shit.
Neben drei Birken, unter goldgelbem Laub
steh’n drei frische Junkies.
Sie wünschen sich was zu kiffen.
Sie haben’s noch nicht begriffen.
Sie jammern nach Engelsstaub.
Die Würmer und Maden laben sich.
Peinliches Fleisch fault langsam,
fällt herbstlich, Schicht um Schicht.
Noch erscheinen sie sich menschlich
und fürchten die Totenpolizei.
Doch der Gestapomann nahm heut Nacht frei.
Frischlinge eben, gerade so jenseits der Grenze.
Sie beobachten alles genau.
Ungläubig sehen sie und lauschen
und begreifen nicht die Tänze.
So sachte glüh’n die fremden Augen.
So hauchzart prüft der Wind die tauben Sinne
der scheinbar nicht Verdammten.
Und außerhalb der Friedhofsmauern schleicht das Leben
um diese Zeit wie bitt’re alte Tanten.
Drinnen spielen jetzt die toten Kinder,
äffen einen unbegangenen Lebenspfad.
Zu ewiger Kindheit verurteilt aber
ist ihnen der Pfad bereits fad.
Vom Tod verraten wie vom Leben,
eingesargt in fruchtloses Streben
ersehnen sie vergeblich den Henker.
Kleine Augen suchen zu sehen,
viel zu kleine Köpfe, zu verstehen
und entarten daran. Kein Bub wird hier Mann.
Und kein Mörder, kein Spanner, kein Gestapomann,
reicht nach einiger Zeit
an ihre böse Artigkeit heran.
Die Hölle ist immobil.
Ihr Stillstand wandelt Kinder zu Idioten.
Und die Immobilien der Verdammnis
sind die Gräber der Toten.
So dreht sich die Menge im Taumel
überflutet von höllischem Glanz.
und nur für die Toten sichtbar liegt
über allen und allem wie Smog
eine dunstige Glocke aus Angst.
Endlich ist es soweit!
Weiß in weiß wabernd
wallt widerlich aus den Winkeln
und Schatten schleimschäumende Form,
getragen von den Dünsten der Unterwelt,
geronnen zu reiner Hässlichkeit.
„Der Fürst!“ weht Wispern
ängstlich durch die Nacht.
Der Tod hält Hof den Toten,
die Finsternis verblasst vor seiner bösen Pracht.
Er nimmt seinen Thron ein,
er zeigt seine Macht.
Schaudernd fährt durch alle Gäste
ein Rückblick auf erfahr’nes Sterben,
das sie zusammentrug,
das sie zusammenschlug.
Der Auftritt bricht die Kriegerknochen,
der Tanzboden birst. Hier und dort
platzen junge Augen kochend
aus leeren Köpfen.
Die sich jetzt nicht beugen vergeh’n,
weh’n auf kalten bockigen Winden
in ungeahnte Tiefen.
Niemand wagt, sie verschwinden zu seh’n.
Eine Party der Blinden, die schliefen.
Die Junkies haben (wie üblich)
weder Peilung noch Meinung.
Und unbetrauert werden sie
verschlungen. Unbesungen fort.
Der Gestapomann steht natürlich stramm.
Der Spanner winselt nur
und verliert einen Freund.
Der Fürst schreitet weiter, hier schreitet der Feind.
Die Menge wagt es nicht zu flieh’n.
Jeder lauert. Die Alten wissen,
der Fürst sucht heut ein Ruhekissen,
für sein verdorrtes Haupt.
Der Fürst wählt heute eine Braut
oder viele. Dann wird er weiterzieh’n.
Eine fürstliche Geste – Musik! und
ein Klappern und Heulen hebt an.
Die Panischen schreien, die Irren
plappern Stakkato im Chor
und über der Kakophonie
rufen Eulen Verzweiflung ins Ohr.
Damen werden aufgefordert und folgen.
Schweben in die neblige Gestalt, übergeben
sich der höheren Gewalt zu ihrem
letzten Stück. Doch Respekt gezollt und
Gnade erwiesen. Sie fließen
nach Geisterart in die Schatten zurück.
Der Fürst trifft seine Wahl. Und es gesellen sich
der Zahl seiner Wesenheiten noch zwei hinzu.
Die Frau ohne Kopf und der Mann mit dem Schwert
ruhen nicht mehr. Es ist keine Heimkehr
zu erwarten. Der Fürst ist Legion, auf vielerlei Arten.
Das Lamm ohne Augen starrt auf die Taube aus Stein.
Die Taube bedroht die Wesen in Not,
gebettet in tiefdunkles Rot.
(Begonnenca. 1994
Fertiggestellt 8.7.201
Die Frau ohne Kopf und der Mann mit dem Schwert
ruhen in wirbelndem Tanz.
Das Lamm ohne Augen und die Taube aus Stein
umrahmen den Ball in nebligem Glanz.
Die Taube bedroht die Wesen in Not,
gebettet in tiefdunkles Rot.
Es ist die Nacht der Verschiedenen,
die einsam und abgeschieden sind.
Sie wandeln durchs Haus der Verwesung,
zu Gast bei Mutter Gruft.
Endlich! Ein Fest der Leichen.
Und unter Modernden und Bleichen
steigt der Ball der stillen Herzen,
die weder schlagen noch scherzen.
Die Vergessenen der Metropole
finden sich in der Nekropole
zum Tanz der Untoten ein.
Und in leeren Augenhöhlen
glimmt schwefliger gelber Schein.
Reden ist Silber, Schweigen ist Tod,
man spricht hier nicht, nicht mal mit Gott.
Der Tanzboden zuckt rhythmisch mit.
Das sind die Knochen von Soldaten,
abgehobelt von Granaten,
die auch ein wenig mittun möchten.
Sie sind nur noch als Dielen tauglich.
Ein General ist auch dabei, glaub‘ ich.
Und über ihnen, noch ganz in Weiß
ein Brautgerippe schwebt.
Die hat die Hochzeitsnacht nicht mehr erlebt,
weil sie an ihrem schönsten Tag,
sich tanzte in ´nen Herzinfarkt.
Ein alter Spanner sieht ihre spitzen Rippen
durch’s fadenscheinige Kleidchen blitzen.
Naja, so ein Voyeur hat’s hier nicht schwer -
lange halten die Leichenhemden nie.
Jetzt hat er ´nen Hang zur Nekrophilie.
Ab und zu ging er kleine Mädchen erschrecken,
heut schaut er ihnen in die leeren Becken.
Er hat schwere Zeiten durchgemacht.
er weiß noch, er ist Jahrgang null-drei:
Dreiundvierzig, Fronturlaub,
da haben sie ihn geschnappt,
da war es mit ihm vorbei.
Und der wurstige Gestapomann,
der ihn damals in die Finger bekam,
der ihn gefoltert und erschossen hat,
freundet sich langsam mit ihm an.
Die Gäste schlürfen von den Kränzen
frischer Gräber mondbeschienenen Tau.
Die Toten sagen, wenn’s Neumond war,
macht der Tau sogar die Toten blau.
Das Fest mimt Fortschritt, Skelette feiern
und heiser zwischen Urnenfeuern
verqualmen sie Weihrauch wie Shit.
Neben drei Birken, unter goldgelbem Laub
steh’n drei frische Junkies.
Sie wünschen sich was zu kiffen.
Sie haben’s noch nicht begriffen.
Sie jammern nach Engelsstaub.
Die Würmer und Maden laben sich.
Peinliches Fleisch fault langsam,
fällt herbstlich, Schicht um Schicht.
Noch erscheinen sie sich menschlich
und fürchten die Totenpolizei.
Doch der Gestapomann nahm heut Nacht frei.
Frischlinge eben, gerade so jenseits der Grenze.
Sie beobachten alles genau.
Ungläubig sehen sie und lauschen
und begreifen nicht die Tänze.
So sachte glüh’n die fremden Augen.
So hauchzart prüft der Wind die tauben Sinne
der scheinbar nicht Verdammten.
Und außerhalb der Friedhofsmauern schleicht das Leben
um diese Zeit wie bitt’re alte Tanten.
Drinnen spielen jetzt die toten Kinder,
äffen einen unbegangenen Lebenspfad.
Zu ewiger Kindheit verurteilt aber
ist ihnen der Pfad bereits fad.
Vom Tod verraten wie vom Leben,
eingesargt in fruchtloses Streben
ersehnen sie vergeblich den Henker.
Kleine Augen suchen zu sehen,
viel zu kleine Köpfe, zu verstehen
und entarten daran. Kein Bub wird hier Mann.
Und kein Mörder, kein Spanner, kein Gestapomann,
reicht nach einiger Zeit
an ihre böse Artigkeit heran.
Die Hölle ist immobil.
Ihr Stillstand wandelt Kinder zu Idioten.
Und die Immobilien der Verdammnis
sind die Gräber der Toten.
So dreht sich die Menge im Taumel
überflutet von höllischem Glanz.
und nur für die Toten sichtbar liegt
über allen und allem wie Smog
eine dunstige Glocke aus Angst.
Endlich ist es soweit!
Weiß in weiß wabernd
wallt widerlich aus den Winkeln
und Schatten schleimschäumende Form,
getragen von den Dünsten der Unterwelt,
geronnen zu reiner Hässlichkeit.
„Der Fürst!“ weht Wispern
ängstlich durch die Nacht.
Der Tod hält Hof den Toten,
die Finsternis verblasst vor seiner bösen Pracht.
Er nimmt seinen Thron ein,
er zeigt seine Macht.
Schaudernd fährt durch alle Gäste
ein Rückblick auf erfahr’nes Sterben,
das sie zusammentrug,
das sie zusammenschlug.
Der Auftritt bricht die Kriegerknochen,
der Tanzboden birst. Hier und dort
platzen junge Augen kochend
aus leeren Köpfen.
Die sich jetzt nicht beugen vergeh’n,
weh’n auf kalten bockigen Winden
in ungeahnte Tiefen.
Niemand wagt, sie verschwinden zu seh’n.
Eine Party der Blinden, die schliefen.
Die Junkies haben (wie üblich)
weder Peilung noch Meinung.
Und unbetrauert werden sie
verschlungen. Unbesungen fort.
Der Gestapomann steht natürlich stramm.
Der Spanner winselt nur
und verliert einen Freund.
Der Fürst schreitet weiter, hier schreitet der Feind.
Die Menge wagt es nicht zu flieh’n.
Jeder lauert. Die Alten wissen,
der Fürst sucht heut ein Ruhekissen,
für sein verdorrtes Haupt.
Der Fürst wählt heute eine Braut
oder viele. Dann wird er weiterzieh’n.
Eine fürstliche Geste – Musik! und
ein Klappern und Heulen hebt an.
Die Panischen schreien, die Irren
plappern Stakkato im Chor
und über der Kakophonie
rufen Eulen Verzweiflung ins Ohr.
Damen werden aufgefordert und folgen.
Schweben in die neblige Gestalt, übergeben
sich der höheren Gewalt zu ihrem
letzten Stück. Doch Respekt gezollt und
Gnade erwiesen. Sie fließen
nach Geisterart in die Schatten zurück.
Der Fürst trifft seine Wahl. Und es gesellen sich
der Zahl seiner Wesenheiten noch zwei hinzu.
Die Frau ohne Kopf und der Mann mit dem Schwert
ruhen nicht mehr. Es ist keine Heimkehr
zu erwarten. Der Fürst ist Legion, auf vielerlei Arten.
Das Lamm ohne Augen starrt auf die Taube aus Stein.
Die Taube bedroht die Wesen in Not,
gebettet in tiefdunkles Rot.
(Begonnenca. 1994
Fertiggestellt 8.7.201