Hallo Berthold,
Wow, vielen Dank für deine intensive Aufarbeitung von meinem Gedicht und deine spannenden Gedanken dazu!
Ja, das LI macht sich hier zum einen auf die Suche nach der Wahrheit, zum anderen ist es der Weg zu einem Eingeständnis. Das LI beschließt ehrlich zu sein - zu sich selbst, und gegenüber anderen, nicht länger eine Maske aus Lügen und Schein zum Schutz zu tragen, sondern die Wahrheit anzuerkennen.
Wie du gut erfasst hast, auch das Verstehen Wollen fließt hier ein, die Zusammenhänge zu sehen, und das Vergangene mit dem Aktuellen zu verbinden. Denn das was war, zeichnet das was ist, und vielleicht was sein wird..
Danach wird es tatsächlich abstrakt. Die Heisenbergsche Unschärferelation ist mir ehrlich gesagt gar nicht bekannt.. "Wenn die Blicke zu tief eintauchen" meint, dass man sich auch zu tief in Erinnerungen verlieren kann, und nicht mehr das Ganze sieht, den Bezug ins Hier und Jetzt. Auf der Suche nach Wahrheit verliert man den Faden.. verfängt sich im Damals.
Ja, Wissen allein bedeutet weder Verstehen, noch dass dieses richtig kommuniziert und erfasst werden kann. Mit "Strömungstreibende im Gegenstrom" meine ich außerdem den inneren Widerstand, gegen den das LI kämpfen muss, weil es den schützenden Schein verlassen muss, sich der Wahrheit zu stellen braucht Überwindung.
"Aus wortfremden Zeiten aufgetaucht" mmh, erinnert tatsächlich an Ursprung und Entstehung der Menschen. Das LI taucht aus einer Zeit auf, die nur Schweigen über Wahres kannte, die keine Worte erlaubte, die Wahrheit auszusprechen. Wie unter Wasser ist es still gewesen, daher fand ich den Begriff "auftauchen" hier passend.
'Berthold]Hier sprichst du vielleicht von dem Wunsch zu be-greifen schrieb:
Vielleicht verbergen sich in diesen Versen die großen Fragen nach dem Woher und Wohin.
Die großen Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Manche Dinge geschehen im Leben und die Frage nach dem Warum nagt am Verstand, aber es kann keine Antworten geben.
[QUOTE='Berthold]In der Schlussstrophe, so mein Eindruck, nimmt sich das LI selbst in die Pflicht. Es will wach bleiben, nicht nur bequeme Wahrheiten aussprechen (das Nest ... verlassen) und versuchen über den begrenzenden Tellerrand des Jetzt und Hier zu blicken.
[/QUOTE]Besser hätte ich es auch nicht beschreiben können.
Jeder hat zu einem Text seine eigenen Gedanken, insofern gibt es immer Unterschiede, jede Interpretation ist mE eine Bereicherung.. Was meine Intention war, und was beim Leser ankommt, muss nicht das gleiche sein, das ist das schöne! Missinterpretiert hast du also nichts, es war mir eine Freude deine Gedanken dazu zu lesen
Liebe Grüße, Lichtsammlerin