@Darkjuls &
@Helga Ullmann -
Ui, ich glaube, das wird jetzt eine umfangreiche Antwort. Na, mal sehen.
Dass der erste Teil so "nüchtern-technisch" (Patrick) erscheint, oder gar brutalistisch (durch Struktur, kurzgehaltene Formulierungen, Sachlichkeit, folgt schon der Absicht, den Plan eines Menschen darzustellen, der darauf brennt, etwas erschaffen zu wollen. Wobei das zu verwendende Material Holz als warm und "naturgefühlig" beschrieben wird, also gänzlich anders als der Brutalismus der 1950er-80er Jahre, der sich ja durch klobige Formen und gefühlt 99 % Beton im Bau auszeichnet. Darum dachte ich, du, Helga, meinst mit brutalistisch die Wirkung des Textes, der erst eine schöne Vision eines zu schaffenden Antiquariats zeichnet, um sich dann jäh in den Abgrund des gesundheitlichen Schicksalsschlags zu öffnen, was ich in der Antwort mit "Falltür" beschrieb. Und genau das war der Schlaganfall für mich. Ein Fallen aus allen Träumen und Plänen und Konstanten meines Lebens. Eben fand ich zufällig einen alten Kalendervermerk, dass ich im vorigen Oktober mit meinem Sohn das Schlacht- und Gräberfeld von Verdun besuchen wollte. Eine kleine Reise in die europäische Geschichte, von der ich seit meiner Jugend träume. Es tut unendlich weh, das alles auf Sankt Nimmerlein zu vertagen ...
Aber, Helga, das gefällt mir sehr gut:
das Gedicht, darf ich es mit einer grobbehauenen Skulptur von Baselitz vergleichen?
Wunderbar. Denn ich bezeichne die meisten meiner Arbeiten als grob, fast unbehauen, in ihrer Gesamtheit gar als "Gedankensteinbruch". Insofern - ja, Volltreffer.
Guten Abend Vogelflug, Holz war der Plan. Das Leben hält sich nicht an Pläne und durchkreuzt sie immer wieder. Man wird mit den Jahren in seine Schranken verwiesen und die Flügel werden zurechtgestutzt. Aus einem Holzspalt wird ein Span-Kien oder anders gesagt: Anmachholz. Da bleibt der Funkenflug, wenn man das Feuer mit dem Kien anzündet. Will sagen, nein, das war´s noch nicht. Es ist sicher nicht leicht, die Situation im Moment zu akzeptieren und sich mit kleinen Teilerfolgen zufriedenzugeben. Das Gleichgewicht finden, das trifft es. Ich denke, man wird sich umorientieren müssen, um das beste aus den Gegebenheiten zu machen.
Deine pragmatische Betrachtungsweise und Beschreibung veranschaulicht mir als Leser, wie schwer es ist, eben diese Teilerfolge wahrzunehmen und die Geduld nicht zu verlieren. Es ist sicher ein täglicher Kampf, aber jeder Schritt zählt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Vieles erst die Zeit bringt..
Liebe Grüße Juls
Das Wort Geduld höre ich vom ersten Tag nach dem Ereignis bis heute immer wieder. Und hätte ich keine, wäre ich schon gar nicht mehr da oder nur noch in einer Ecke in einem Sessel, ohne Kontakt zur Restwelt. Das ist schon stoische Geduld, ein leicht verzweifeltes Aufbäumen gegen die eigenen Unvermögen. Aber ich weiß ja, dass da, mit Geduld und tausenden Wiederholungen der verbliebenen Möglichkeiten, sich andere wieder anschließen werden. Langsam, vom Schulterzucken über das Beugen des Ellbogens, wird hoffentlich auch die Hand irgendwann fähig sein, zu greifen, zu halten usw.