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Textarbeit erwünscht Kamele

Der/die Autor/in wünscht sich konkrete Rückmeldungen zur Textgestaltung.
  • Elmar
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Aktuelle Version:
 
Am Zeitenende
wirds einen fetten Stau geben
vor dem Haupteingang:
 
Kameltreiber stehen dann
mit den Kamelen der Reichen 
vor dem Nadelöhr am Himmelstor.

Drinnen sitzen schon die,
die nicht gewartet haben
- Dauerkartenbesitzer.
 
Die Kamele warten ...
 
 
 
Ursprungsversion:
 
Am Zeitenende
wirds einen fetten Stau geben
vor dem Haupteingang:
 
Kameltreiber stehen dann
mit den Kamelen der Reichen 
vor dem Nadelöhr am Himmeltor.
 
Gerechtigkeit fällt
in dicken Tropfen herab
auf die Wartenden.
 
Drinnen sitzen schon die,
die nicht gewartet haben
- Dauerkartenbesitzer.
 
Die Kamele warten ..
 
"Facilius est camelum per foramen acus transire quam divitem intrare in regnum Dei."
 
Lieber Lé, 
geistreich, wunderbar wie du das bekannte Gleichnis infrage stellst, denn die armen, geduldigen Tiere haben erhebliche Schwierigkeiten während die Reichen doch längst im Himmelreich sitzen.
 

 
Hallo Carlos.
 
Danke für die Blumen.
 
Deine Deutung ist naheliegend und treffend.
Ich persönlich habe noch eine  zweite im Kopf, die mich etwas revolutionärer und positiver stimmt. Die verrate ich aber noch nicht ;-).
 
Und wer weiß. Vielleicht gibt es noch mehr ...
 
Gruß Lé.
 

Claudis Themen
Lieber Lé,
 
ich habe nicht lange gedeutet und bin mal ganz naiv den heiligen Schriften gefolgt: Durch das Nadelöhr müssen ja nur die Kamele und erst danach kommen die Reichen. Für die Armen (die keine Kamele besitzen) stehen ja die großen Türen offen. Im Islam sind es fünf, im Christentum wird, soweit ich weiß, keine Zahl angegeben.
 
Bin sehr gespannt, was du dabei noch im Hinterkopf hattest.
 
LG Claudi
 
Hallo Claudi,
 
wusste ichs doch, dass es noch mehr Möglichkeiten gibt, sich den Text zu eigen zu machen. ;-).
 
Ich denke, ich hebe mir meine eigene Idee bis morgen auf.
 
Es hat ein bisschen Zeit und Erfahrung gebraucht, bis ich mir die Auffassung zu eigen gemacht habe, dass es beim Gedichte lesen nicht darum geht, die eine vom Autor beabsichtigte, vielleicht verborgene oder verschlüsselte Bedeutung oder Botschaft 
zu erkennen. Seitdem machts aber auch mehr Spaß, welche zu lesen.
 
LG Lé.
 

Claudis Themen
Ne, es geht natürlich nicht um die eine, vom Autor beabsichtigte Botschaft. Ich bin genauso gespannt, was die anderen Leser in deinem Gedicht entdecken und würde sogar ruhig länger als einen Tag mit der "Auflösung" warten. Bei reger Resonanz gerne auch länger als eine Woche. Trotzdem bin ich immer sehr angetan, wenn der Autor mir irgendwann seine Gedanken verrät, auch wenn mir meine eigene Auslegung meist (aber nicht immer) am besten gefällt. 
 
LG Claudi
 
 
 
Hallo Lé,
 
salopp, frech und, wenn ich der von mir eingeschlagen Deutungsrichtung folge, nicht ohne Spott.
 
Die 3malige Verwendung von "Warten" fiel mir ins Auge. Einmal die "Wartenden",  dann wird das "Warten" verneint, die n i c h t gewartet haben, die sind schon drin und damit also am Ende aller Zeiten, was ich als Zeitlosigkeit/Sein ausdeute. Das sind die Dauerkartenbesitzer, die das Himmelreich in sich entdeckt haben. 
 
Und dann "die Kamele". Die warten extra auch noch einmal. Hm. Tieren wissen nichts von Nadelöhren und müssen da auch nicht durch. Das lässt sich als Andeutung lesen, dass die Wartenden ohne Dauerkarten die eigentlichen Kamele sind, mit samt ihren Kameltreibern. Wenn diejenigen, die drinnen nicht warten, wissen, dass es nichts zu erreichen gibt, sind die "Reichen", die Kamele besitzen, gleichzeitig auch Kameltreiber und alle warten/bleiben draußen
 
Ein paar Bemerkungen zu Umsetzung: Vielleicht etwas knapper? 
 
 
Kameltreiber stehen
mit den Kamelen der Reichen 
vor dem Nadelöhr am Himmeltor.
 
Wenn du vor hast am Satire - Rädchen zu drehen, könnte da auch "Nadelöhr am Himmelstör" stehen.

 
Gerechtigkeit fällt
in dicken Tropfen
auf die Wartenden.
 
Hm. Das klingt bitterböse und hier komme ich inhaltlich an meine Grenzen. Wenns meines wäre, würde ich die Strophe streichen. 
Obwohl:  die "tropfenden Gerechtigkeit" nimmt gekonnt die schaurige  Selbstgerechtigkeit mancher Erzählungen auf. Hm, ich schwanke also noch.  Auf jeden Fall gefällt es mir richtig gut!

Mal zum unverbindlichen Betrachten:
 
 
 
Am Zeitenende
wirds einen fetten Stau geben
vor dem Haupteingang:

 
Kameltreiberstehen
mit den Kamelen der Reichen 
vor dem Nadelöhr am Himmelstör.
 
 
Drinnen sitzen die,
die nicht gewartet haben
Dauerkartenbesitzer.
 
 
 
Kamele warten
 
 
 
LG,
Mi
 
Hi Miserabelle,
 
deine Beobachtung, dass die dritte Strophe (inzwischen) bedeutungslos geworden war, stimmt. Ich habe sie, wie von dir vorgeschlagen, entfernt. 
Das "Himmelstör" wäre mir doch zu verspielt. ;-). Der restliche Text ist ja extrem schmucklos.
 
die n i c h t gewartet haben, die sind schon drin und damit also am Ende aller Zeiten, was ich als Zeitlosigkeit/Sein ausdeute. Das sind die Dauerkartenbesitzer, die das Himmelreich in sich entdeckt haben. 
 
sehr schön .
 
Das lässt sich als Andeutung lesen, dass die Wartenden ohne Dauerkarten die eigentlichen Kamele sind,
 
Ja.
 
Mir gefällt deine Deutung sehr gut.
 
LG Lé.
 
Hallo Lé, ich denke, wir sollten uns nicht einreihen in die Schlange der Wartenden, sondern uns den Himmel auf Erden schaffen und uns nicht unterbuttern lassen von den Reichen und den Kameltreibern. Dass sich die Reichen Dauerkarten ergaunert haben, wundert mich nicht. Wer sich die nicht leisten kann, stellt sich in der Reihe an? Ich frage mich, ob Reiche wirklich eher in den Himmel kommen, als andere? Meine Schlussfolgerung aus Deinem Gedicht ist, nicht alles hinzunehmen und abzuwarten, sondern selbst ist der Mann oder die Frau. 
 
Lieben Gruß Darkjuls
 
Wenn man dem Ursprungsgleichnis folgte, käme ein Reicher nur ins Himmelreich, wenn ein Kamel durch ein Nadelöhr geht. Ordnet man also die "Kamelschlange" den Reichen zu, dann erfüllt sich das Gleichnis und die Reichen müssen auch in Deiner Ausdeutung draußen warten, bis ihre Kamele durchs Nadelöhr gegangen sind. Da wir das Zeitenende schreiben ist die Schlange nun vermutlich schon ZIEMLICH lang... Das würde den Stau erklären. 
 
Wer aber sind die Kameltreiber ? 
und WO sind die Reichen ? 
 
Es sind jedenfalls NICHT die Kameltreiber DER Reichen, es sind "einfach nur" Kameltreiber. Ihre Aufgabe erschöpft sich offenbar darin, die Kamele durchs Nadelöhr zu treiben, obwohl sie selber gar nichts davon haben, denn sie sind ja nicht die Reichen, sie sind nicht einmal die Kameltreiber DER KAMELE DER REICHEN und der Gang des Kamels durchs Nadelöhr ist nicht mit IHRER Eintrittsmöglichkeit, sondern eben verknüpft mit der Eintrittsmöglichkeit der Reichen. 
 
Da Kamele sich in dem Gleichnis in ihrer Aufgabe, NICHT durch ein Nadelöhr zu gehen, erschöpfen, müssen die Kameltreiber also darauf bezogen sein und sich (im Bild des Gedichts) auch darin erschöpfen. Möglicherweise wollen Sie auch ins Himmelreich und GLAUBEN, wenn sie die Kamele trieben wäre das ihre "Eintrittskarte". Jedenfalls sind die Kameltreiber und die Kamele die einzigen Wartenden. Auf diese fällt Gerechtigkeit in "dicken Tropfen" herab. 
 
Es gibt eigentlich keinen Grund, warum die Kameltreiber warten müssten. Wenn Sie es trotzdem tun, dann nur im falschen GLAUBEN daran, dass sie untrennbar mit dem Schicksal des Kamels und dem Nadelöhr verbunden sind, denn sie sind ja weder REICH NOCH KAMELE. Dies ist ein IRRGLAUBE und eigentlich müssten Sie nur das Himmeltor durchschreiten. Natürlich drängt sich ein Vergleich auf zu Menschen, die eigentlich nur die Schwelle zur Erlösung überschreiten müssten aber aus falschen Überzeugungen oder mangelnden Informationen nicht zur Einheit mit Gott gelangen, hier aber noch enger: Die aus falsch verstandener Unterwürfigkeit und Selbstversklavung glauben ihre eigene Erlösung ENTSPRÄCHE der Erlösung der Reichen. 
 
Dass sie ihr Schicksal mit dem Schicksal "der Reichen" verknüpfen kann man so ausdeuten, dass sie den falschen Idealen nachstreben,  als "Kameltreiber" glauben, wenn sie selbst dann, wenn es um Erlösung geht, immer noch den Reichen zu Diensten sind (bis ans Ende der Zeiten) werde sich mit dem Gang des Kamels durchs Nadelöhr auch ihre Erlösung vollziehen. Das ist ein IRRGLAUBE. Eigentlich müssten sie das Kleid des Kameltreibers nur abstreifen, die Kamele stehen lassen und das Himmeltor durchschreiten...
 
Die Reichen wiederum glauben offenbar,  sie könnten einfach ein Kamel durch ein Nadelöhr schicken (lassen) um Eintritt zu erlangen. Auch das ist ein Irrglaube, denn der Reiche muss jedenfalls im Gleichnis immer noch selber gehen. Sie -die "Reichen"- haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich anzustellen. Folgerichtig werden sie selbst wenn das Kamel durchs Nadelöhr ginge nicht hindurchtreten...
 
Bleiben die Dauerkartenbesitzer. Das sind solche, die nicht gewartet haben. 

Warten worauf ? 
 
Eintreten zu DÜRFEN ? Wohl nicht ... 
 
Warten darauf, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht ? Vermutlich eher... 
 
Wir  Nichtreiche warten freiwillig, wir sind alle Dauerkartenbesitzer. Wir können jederzeit eintreten. 
 
nur die Reichen nicht. Die Reichen sind die,  "die viel besitzen" ( Mk 10,23–27). Für diese ist es schwer ins Himmelreich zu gelangen. Sie kann nur Gott persönlich ins Himmelreich geleiten ("Für Menschen ist das unmöglich aber nicht für Gott, für Gott ist alles möglich"). 
 
Aber um sie geht es ja eigentlich gar nicht in Deinem Gedicht. Es scheint mir eher um die zu gehen, die an den Weihnachtsmann glauben der eines Tages kommt um sie auf einem weißen Ritter fortzureiten... 
 
mes compliments
 
D. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Hallo Dionysos,
 
vielen Dank für deinen sehr analytischen angelegten Beitrag zur Textausdeutung. Es gefällt mir, dass du den Kameltreibern soviel Aufmerksamkeit schenkst. Sie spielen ja wirklich eine zentrale Rolle (in der Mitte des Gedichts). 
 
Gruß von Lé.
 
 
 
Lieber Lé,
 
skeptische Gedanken zur höheren Gerechtigkeit. Da kann ich mich anschließen.
 
Gruß von gummibaum
 
 
Das Kamel hat ein Malheur
in dem engen Nadelöhr,
bleibt nicht, was es vorher war,
sondern wird zum Dromedar.
 
Gott entfährt sogleich ein Tadel
an dem Öhr der harten Nadel,
und um dieser nicht zu gleichen
wird er mild und hilft den Reichen…
 
 

Claudis Themen
Hallo @gummibaum,
 
magst du dein Gedicht nicht in einem eigenen Faden posten? Wahrscheinlich hast du übersehen, dass Lé das Label "Kritik erwünscht" gewählt hat? Ich fänds schön, deine Interpretation in Klartext zu lesen.
 
LG Claudi
 
Hallo L'étranger,
als ein Freund von Sinnbildern und freien Interpretationen,  habe ich dein Gedicht wie auch die vielen Wortmeldungen hier mit großem Interesse gelesen. Wie man es auch auslegen mag, dein Gedicht regt sehr zum nachdenken an und das spricht für seinen Inhalt. Insbesondere gefällt mir dein Bild vom Stau vor dem Himmelstor. Folgende Anmerkungen hätte ich aus rein sachlicher Perspektive beizutragen: In dem Gleichnis Jesu vom Kamel, das eher durch ein Nadelöhr geht, als ein Reicher in Gottes neue Welt kommt, geht es tatsächlich um das Kamel, das den Zustand des Reichen verkörpert. Es geht nicht um reiche Besitzer von Kamelen, oder um Kameltreiber oder Menschen die auf Kamelen reiten. Das Kamel ist bei Jesus grundsätzlich Sinnbild für etwas Sperriges. Das "Nadelöhr" war zur Zeit Jesu übrigens der Name eines Stadttores in Jerusalem, das so niedrig und eng war, dass es von Kamelen nicht passiert werden konnte - nur ein einzelner Mensch konnte durch es hindurch in die Stadt gelangen. Jesus verwendet das Kamel als Sinnbild des Sperrigen noch einmal an einer anderen Stelle (Matthäus 23, 24). Darin vergleicht er die herrschende Priesterkaste mit Leuten, die Mehl für die Essenszubereitung minutiös aussieben um auch die kleinste Mücke darin zu finden aber dabei das Kamel geflissentlich übersehen und es verschlucken. 
Letzlich ist die Übersetzung mit dem Kamel, das durch ein Nadelöhr hindurch soll aber nicht unumstritten. Die neutestamentlichen Texte sind in Altgriechisch verfasst und in dieser Sprache gibt es einen "Teekessel". Das heißt, das Wort (camelos) für Kamel, war im Altgriechischen dasselbe wie das Wort für Ankertau. Jesus könnte also auch gesagt bzw. gemeint haben: Eher geht ein Ankertau durch ein Nadelöhr als ein Reicher in Gottes neue Welt.  In diesem Fall stünde das Ankertau für die Verstrickung vieler Fäden zu einem dicken Tau. ( Gerade fällt mir auf, dass der Begriff Tau auch im deutschen ein Teekessel ist.) Die Bedeutung und Aussage des Gleichnisses wäre demnach, dass eben nur ein einzelner Faden durch ein Nadelöhr geht. Das Ankertau stünde hier als ein Sinnbild der Verstrickung mit den vielen Dingen dieser Welt, über die sich der Reiche definiert. Es stellt sich also die Frage: Worüber definieren wir uns? Ist der Mensch etwas Einmaliges, Solitäres, Individuelles (ein einzelner Faden) oder definiert er sich über die vielen Dinge, bzw. über seine Besitztümer, mit denen er sich umgibt - das wäre dann das Ankertau. Ganz unabhängig davon, finde ich deinen Text spannend und in der Vielfalt seiner Bilder sehr interessant.
Herzliche Grüße
Elmar
 
 

Claudis Themen
Hallo Lé,
 
hab nochmal nachgedacht. Das Schlüsselwort scheint mir hier "Zeitenende" zu sein. Wenn es keine Zeit mehr gibt, werden sowohl das Warten, als auch die Dauerkarte sinnlos. Interessant finde ich auch deine Formulierung: Dauerkartenbesitzer, auf die ich gerade aufmerksam wurde. Jetzt fängt es an, mir richtig Spaß zu machen!
 
Um im Kontext des Bibelzitats zu bleiben, würde ich die Botschaft deines Textes (für mich persönlich) in diese Richtung deuten: Wenn du das "Paradies" erlangen willst, löse dich von der Vorstellung, etwas zu besitzen, das dir einen Vorteil gegenüber deinen Mitmenschen verschafft, sei es materieller Besitz, Macht oder "Wahrheit".
 
LG Claudi
 
Hallo,
 
ich habe mich an den unterschiedlichen Deutungen aus verschiedensten Blickwinkeln sehr gefreut. Das bereichert den Text, und mich als Leser enorm. So viele Ideen zur Textdeutung kann man alleine eben nie haben. 
 
Ich hatte versprochen, auch etwas zu meinen eigenen Textgedanken zu schreiben. Das will ich jetzt tun.
 
Mein Weg zum Gedicht, soweit ich es weiß, führte durch Fragen, die mir in letzter Zeit über den Weg liefen - Fragen wie: 
Woher kommt das (nicht nur) in mir verwurzelte Misstrauen den Reichen und Mächtigen gegenüber? Welche Rolle spielt dabei das Christentum und die Vertröstung auf später, aufs Himmelreich?
 
Dabei stieß ich in meinem Gedächtnis (ich bin christlich sozialisiert) auf das Gleichnis vom Kamel und dem Nadelöhr. Für diejenigen, die sich nicht reich und mächtig fühlen, bedeutet es eine geniale (aber aufgeschobene)  Wiederherstellung von "Gerechtigkeit", die weltlich nicht erfahrbar ist.
 
Die verschiedenen Rollen und Zuschreibungen im Text sind einfach gewachsen, als ich mir versucht habe, die Szenerie bildlich vorzustellen. Wie sieht das aus, wenn am Zeitenende (also dann, wenn abgerechnet wird, oder in der Dimension,  in der abgerechnet wird) entschieden wird, wer in den Himmel kommt?
 
Kamele zu besitzen, und Kameltreiber zu beschäftigen - das sah ich als eines der möglichen sichtbaren Zeichen für Reichtum in biblischen Zeiten. Das bedeutet, dass die Rolle des Kamels, wie auch die Rolle des Kameltreibers, für die Menschen in Frage kommen, die nicht reich und mächtig sind - also in etwa einfache Bürger oder Karrieristen. 

Heute wie damals delegiert der Reiche die moralische Frage an die Kamele und Kameltreiber. Er lässt sein Kapital in der Obhut der Kamele und Kameltreiber. Solange er das tut, bleibt er "steuerfrei"  ;-), und vielleicht kommt er sogar in den Himmel ;-).
 
Durch den Stau, den ich voraus sah, kam ich auf das Bild, es  handele sich um Fußballfans, die Einlass in ein Stadion begehren - freie Assoziation ;-).
 
Und genau an der Stelle, bei diesem Bildsprung, wird in meiner Gedankenwelt aber auch die ganze biblische Vorstellungswelt aus den Angeln gehoben. 
 
Jetzt gehts ums Hier und Jetzt, und um die Frage: Wie wichtig ist mir das? Will ich einen Platz beanspruchen? Wieviel bin ich bereit, dafür zu geben? 
Es geht auch eigentlich  nicht mehr um arm oder reich, jedenfalls nicht vordergründig.
Es geht um Teilhabe an der Welt - verschieben und vertrösten kann man das nicht. 
 
Doch auch das Stadionbild hat einen Haken und eine Bruchstelle. Denn im Stadion sieht man eigentlich nur zu, lebt durch die Akteure. Ist das der Himmel? Da bröselt die heile metaphysische Welt. Jetzt wirds unwegsam.
 
So in etwa sah oder sieht das in meiner Deutungswelt aus. Aber ihr hattet ja sehr interessante andere Blickwinkel  und Sichtweisen. Der Text, der zählt, entsteht bei jedem einzelnen Leser ;-).
 
LG Lé.
 
Hallo L'étranger,  vielen Dank für deine Gedanken zur Entstehung deines Gedichtes. Ich empfinde deine Herangehensweise sehr undogmatisch und kreativ. Zu deinen Gedanken über die Reichen und Mächtigen
fiel mir spontan der folgende Text der jüdischen Philosophin und Mystikerin Simone Weil ein, die ich, neben Meister Eckhart, sehr verehre. Herzlichst Elmar
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