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Feedback jeder Art Wenn du trinkst

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  • Alicia Heib
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Wenn du trinkst,
wird dein Blick so hart,
deine Seele erstarrt,
dein Herz vergiftet - kalt wie Glut,
gefüllt mit Schweigen, Hass und Wut.

Wenn du trinkst,
merkst du nicht, wie du klingst.
Du wirst zu jemand Fremdem hier-
ein anderer Mensch. Und nicht mehr wir.

Ich bin dann klein, will nur verschwinden,
vergrabe Angst in meinen Händen.
Ich warte still, zähl jeden Schritt,
und frage mich: Kommst du zurück-
oder bleibst du dort,
in deinem Rausch,
in deinem Sturm aus Wort und Zorn?

Du bist so kalt,
so laut, so leer,
dein Blick geht durch uns-
als gäb`s uns nicht mehr.
Du schreist, du fällst,
Du reißt uns entzwei-
und stehst doch mittendrin dabei.

Wenn du trinkst,
wird´s laut in dir - und leise in mir.
Ich seh dich kaum, nur Schatten und Rausch,
und wünsch mir ein Zuhause aus Wärme und Licht.
Doch was ich spür: ein Vater aus Glas - und ein Kind, das zerbricht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Alicia,

Sehr eindringlich und traurig geschrieben.
"Du wirst zu jemand Fremdem ...", mit "m", glaube ich.
Und in der Zeile davor sollte ein Komma hin.
Sonst würde ich gar nicht so viel ändern, aber das sehen andere vielleicht anders.
Gibt es bestimmte Stellen, mit denen du nicht zufrieden bist?

Schönen Gruß!
Uwe
 
Hallo Uwe,

vielen Dank für deine Rückmeldung – das freut mich sehr, dass dich der Text berührt hat.
Und danke auch für den Hinweis zu „Fremdem“ – du hast natürlich recht, das „m“ hatte sich davongeschlichen.

Ich bin mit der letzten Strophe am längsten am Hadern gewesen. Da hatte ich das Gefühl, dass der Abschluss noch runder sein könnte – nicht zu pathetisch, aber dennoch eindrücklich. Falls du dazu Gedanken hast, gerne her damit.

Liebe Grüße
Alicia
 
Ich weiß nicht, Alicia, der Schluss klingt für mich eigentlich gut und überzeugend. Dabei schalte ich immer sofort aus, wenn in einem Song vorkommt: "... children crying in the street". Dein Kind, das zerbricht, kann ich jedoch akzeptieren, es folgt aus allem vorher Gesagten.

Die Stelle mit dem Glas ... KLINGT wieder genau richtig, aber inhaltlich ist's eigentlich verkehrt, oder? Das Glas gehört doch eher zum Kind und dem Zerbrechen, als zum Vater, der in betrunkenem Zustand hart, laut und zerstörerisch ist?!

Nur so meine Gedanken dazu:
Uwe
 
Ich verstehe deinen Einwand total - dass das Bild vom „Zerbrechen“ eher auf das Kind zutrifft. Und trotzdem habe ich es bewusst auf den Vater bezogen. Für mich ist er (aus Sicht des Kindes) etwas Kaltes, Starres, Verletzendes, aber gleichzeitig auch etwas Zerbrechliches, das in sich selbst nicht mehr stabil wirkt. Er ist „aus Glas“ - im Sinne von innen leer, durchsichtig, unnahbar. Das Kind schaut durch ihn hindurch, sieht aber keinen Menschen mehr. Vielleicht ist es weniger das Glas, das splittert, sondern die Welt drumherum.

Aber ich merke auch: Wenn man die Zeile anders liest, kann sie durchaus Fragen aufwerfen. Vielleicht gerade deshalb spannend?

Ich bin neugierig, wie andere das empfinden.

Gruß
Alicia
 
Hallo Alicia,

ich finde deinen Text auch sehr berührend und er gefällt mir.

Rein gefühlsmäßig passt bei mir auch das Glas nicht so recht zu dem betrunkenen aggressiven Vater, so wie Stavanger das auch schon empfunden hat. In dem Zustand ist der Vater doch eher hart, kalt und gefühllos wie ein Stein. Glas symbolisiert meist sowas Edeles, Zerbrechliches. Das sind nur so meine Gedanken.

Sehr gern gelesen

LG Wilde Rose

Beim nochmaligen Lesen ist mir noch ein Widerspruch aufgefallen, "kalt wie Glut"? Glut ist doch heiß, oder? 🤔
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Alicia Heib

dein Text geht wirklich unter die Haut – ehrlich, kraftvoll und schmerzhaft klar.
Der Kontrast zwischen dem lauten, aggressiven Außen und dem still leidenden
Innen ist dir sehr eindringlich gelungen.

Ein kleiner Gedanke zur letzten Zeile:

„ein Vater aus Glas – und ein Kind, das zerbricht“

Diese Stelle klingt stark – poetisch und schmerzvoll. Und gleichzeitig kamen auch mir Fragen zum Bild:
Ist der Vater wirklich „aus Glas“ – also zerbrechlich, durchsichtig, hohl vielleicht?
Oder wäre das eher das Kind?

Vielleicht könntest du ein Bild wählen, das eher Kälte, Härte oder Unerreichbarkeit transportiert –
je nachdem, was du betonen möchtest?

ein Schatten aus schwarzer Stein – und ein Kind, das friert.
  • Schatten: distanziert, unerreichbar, nicht greifbar
  • schwarzer Stein: hart, kalt, lieblos, schwer – sehr gut passend zum betrunkenen, aggressiven Vater
  • ein Kind, das friert: schlicht und herzzerreißend – emotionaler Tiefpunkt, der haften bleibt
Wenn du dir für diese Variante entscheidest müsste der 3. Vers der letzte Strophe noch geändert werden

Ich seh dich kaum, nur Schatten und Rausch,
vielleicht in: Ich seh dich kaum, nur Lärm und Leere,

Oder:

du lässt es so – denn gerade dieses fragile, fast widersprüchliche Bild kann genau das ausdrücken:
Dass der Vater zwar hart wirkt, aber innerlich leer und kaputt ist.


Ich hoffe, meine Gedanken sind hilfreich für dich – dein Text berührt, gerne gelesen!

LG. Driekes
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Alicia, Deine Zeilen treffen mich und wirken nach.

Das Kind hat all mein Mitgefühl. Ich kann beim Lesen die Angst spüren, die es durchlebt. Es erkennt den Vater nicht mehr als die Person, die er ist, wenn er nicht trinkt bzw. einmal war.

Für mich passt die Zeile mit dem Glas hier im Bezug auf den Vater. Glas hat viele Eigenschaften. Vor allem aber wirkt ein gläserner Mensch gefühllos und nicht empathisch mit seiner Umwelt. Er scheint taub für den Schmerz, den er anrichtet bzw. ist blind für die Not und die Angst, die er hinterlässt. Denn genau diese Gefühle, will der Vater ja betäuben und ausschalten mit dem Alkohol. Er will nicht mehr fühlen und läuft vor sich und dem Schmerz davon.

Die kindliche Seele zerbricht, weil sie all dem schutzlos ausgeliefert und die Angst vor und um den Vater übermächtig ist.

Ich würde das Gedicht so belassen, weil es aus kindlicher Sicht beide Seiten beleuchtet.

Liebe Grüße Darkjuls
 
Hallo zusammen,

Vielen lieben Dank für eure ehrlichen Rückmeldungen und Gedanken. Ich schätze eure Perspektiven sehr.

Ich habe viel überlegt und ausprobiert, aber die ursprüngliche Version gefällt mir am besten. Ich verstehe den Einwand absolut - Glas wird oft mit Zerbrechlichkeit verbunden, was auf den ersten Blick nicht zum harten, aggressiven Vaterbild passt. Für mich liegt jedoch genau darin die Kraft: dass etwas hart und gleichzeitig innerlich leer, durchsichtig oder verletzend sein kann.
Kalt wie Glas, aber auch unberechenbar wie eine scharfe Kante.
Diese Ambivalenz wollte ich zeigen - aus der Sicht des Kindes, das vielleicht nicht versteht, warum dieser Mensch so ist, aber fühlt, dass er kaputt ist.

Gerade weil das Bild nicht ganz eindeutig ist, löst es offenbar genau das aus, was mir wichtig ist: dass man ins Nachdenken kommt.

Ich danke euch allen für eure Impulse - sie zeigen mir, dass die Zeile wirkt. Auch wenn sie vielleicht nicht bei allen gleich ankommt, lasse ich sie bewusst so stehen.

Herzliche Grüße
Alicia
 
  • Alicia Heib
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