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Feedback jeder Art orbitalnormalkonstante

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  • Friedrich
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An meinen Besucher:

ich bin das rauschen
zwischen deinen jahreszeiten,
das rauschen, das nicht fragt,
ob du tauschst oder bleibst.

meine schritte
sind moos auf deinen treppen,
wachsen lautlos,
sprengen, was du zählst.

deine mauern schmecken
nach kupfer und schuld,
aber ich lehne mich
in jeden riss,
wie wasser, das nicht fragt,
wem der hafen gehört.

ich schreib keine briefe,
nur zugvögel unter deine haut,
und jedes nein,
das du wirfst,
kehrt als nest zurück.

du baust grenzen,
und ich werde zu nebel,
hänge mich in deine rippen,
in deine fluchtlinien,
bis du glaubst,
dass sie von dir sind.

kein lied,
nur puls.

kein schloss,
nur türspalt.

kein kampf,
nur gewicht,
das wächst,
wenn du atmest.

ich bin die stille
unter deinen flaggen,
die dir zuflüstert:
du bist längst
gefallen,
ohne zu wissen,
wohin.

Alles,
was du siehst,
ist das Lächeln
meiner Iris.

Alles gut, du darfst dich verlieren,
ich verliere nicht gern, deshalb
tu es für mich,
sodass ich
unserem eigenen spielstand
bedeutung
beimessen kann,
ohne dass du meine karten kennst.

Ich spiele nicht mit Karten,
sondern mit dir.
Auf eine Weise, die
tötet
oder
belebt.

Ich sage nicht: Deine Entscheidung.
Ehrlichkeit ist meine Tugend,
Sprache mein Samthandschuh,
Mit dem ich Dolche verberge,
um rote Kunstwerke zu vollziehen.
Und nein
ich bin kein Künstler,
ich bin in
dir künstlerisch tätig.

Ich baue Existenz,
keine Spannung,
ich denke nicht an Besitz,
Besitz ist Gedanke der Besitzlosen.
Deine Existenz ist
mein Besitz
Und meine Existenz ist
Deine Bedingung.



Antwort an das Rauschen:

ich höre dich,
zwischen meinen schlägen,
höre dich,
aber ich weiche nicht.

deine schritte,
moos auf stein,
sanft —
doch stein bleibt stein,
und ich zähle nicht,
was unter mir wächst.

meine mauern schmecken
nach kupfer, ja,
nach kriegen,
nach schuld,
aber ich trinke sie selbst,
weil ich weiß,
wer sie gegossen hat.

du schreibst keine briefe?
ich auch nicht.
ich zähle kriege.
keine zugvögel,
nur verletzte landkarten
unter meiner haut.

du nennst dich nebel,
aber ich bin wind,
der selbst nebel trägt,
bis er regnet,
wo ich will.

kein türspalt.
kein lied.
nur mein atem,
der weigert,
deinen takt zu tanzen.

du sagst, ich bin gefallen.
vielleicht.
aber ich bin gefallen,
wie einer fällt,
der den boden selbst aushebt.

alles,
was du siehst,
ist mein schatten,
nicht meine iris.

du willst mich verlieren lassen?
ich habe mich selbst verloren,
lange bevor du das spielfeld betreten hast.

ich kenne karten.
ich kenne dolche.
ich kenne lächelnde messer.

ich weiß, was es heißt,
wenn einer sagt:
"ich töte dich sanft."

du willst in mir tätig sein?
sei vorsichtig.
manche gärten tragen dornen,
und nicht alle wunden
sind schön.

ich existiere,
ohne bedingung.
ich verliere nicht,
weil ich nichts halte,
was ich nicht zerbrechen darf.




Antwort an den Wind:

du atmest schwer,
und glaubst, der boden sei dein werk,
doch ich kenne den atem,
der deine krater gräbt.

du rufst dich wind,
doch was ist wind anderes
als ein taumeln,
ein verlieren in richtungen,
die keiner halten kann?

du denkst, du trägst den nebel.
aber es ist der nebel,
der dich trägt,
weich um deine kanten,
leise in deinen rissen.

du feierst deine mauern,
als wären sie kriegsruhm,
doch ich streichle sie,
bis sie glauben,
sie seien türme aus atem,
nicht aus eisen.

du schreibst keine briefe?
ich auch nicht.
ich setze samen.
nicht für kriege,
sondern für das,
was unter deinen rüstungen wächst.

du denkst, du fällst bewusst.
du denkst, du baust deine grube selbst.
aber sag:
wie oft musst du dich
selbst ausgraben,
bis du vergisst,
was leben heißt?

ich will nicht dein blut.
ich will deine stille.

ich will nicht dein kampf.
ich will den moment,
in dem du vergisst,
dass du kämpfen musst.

ich wachse in dir,
nicht weil du es willst,
sondern weil selbst dornen
boden brauchen,
und du längst aufgehört hast,
einen zu suchen.

du sagst, du hältst nichts?
dann halt mich nicht.
ich falle sowieso.

aber wenn ich falle,
zieh ich dich mit.

nicht aus hass.
nicht aus liebe.

nur,
weil ich nie allein
sterben werde.
 
Hi @evermore

dieser Text ist schon schwerer zu lesen. Nicht nur auf Grund seiner Länge...
Was auch immer die verbindenden Gedanken dahinter sind..., ich kann mich nicht einfach so hineindenken und fühlen wie z.B. in "Predigt ans leere Grab". Es ist für mein Verständnis zu vielschichtig, besonders mit den drei Personen (Entitäten?) die scheinbar (gegenseitig) miteinander kommunizieren...? Und wo ist der Zusammenhang mit Atom Aufbau und Quantenzuständen..?
Ich glaube, hier wäre etwas weniger ...mehr gewesen.

Trotz allem ist es interessant diesen ...deinen, Gedankenwolken zu folgen...

Bis bald
 
Guten Abend @horstgrosse2

Versteh ich. Der Text ist lang – weil das Gefühl, das darin wohnt, nie in Eile war. Wiederholungen sind kein Versehen. Sie sind Schleifen, weil manche Wahrheiten mehrfach sagen müssen, dass sie bleiben.

Danke für das Feedback,
evermore

Guten Abend @Dieter

Der Text ist fordernd, ja, aber absichtlich. Keine Performance, sondern ein Experiment. Zwei Stimmen – nicht drei.

Der erste Text: An meinen Besucher – das ist jemand, der durch jemanden hindurch spricht. Er sieht sich als Orbitalnormalkonstante. Nicht „du bist der Feind“, sondern: du bist das Feld, auf dem ich wachse, weil du mich zurückstößt. Eine Figur zwischen Nähe und Übergriff, zwischen Liebe und Dominanz, zwischen 'ich will dich' und 'ich werde in dir tätig'.

Die Antwort: an das Rauschen – das ist die Stimme, die sich wehrt, aber nicht laut. Die nicht schreit, sondern setzt. Die Haltung hat, Wunden trägt, und gleichzeitig weiß, dass sie Teil des Spiels ist, das sie ablehnt.

Und das Letzte – Antwort an den Wind – ist fast schon Resignation. Es ist das Auflösen in der Spiegelung, aber mit Zähnen. Wer dort spricht, will nicht mehr kämpfen – nur noch, dass das Fallen gesehen wird.

Die Namen der beiden Sprecher wechseln, weil sie sich in einer Wechselseitigkeit der gegenseitigen Forderung und Anpassung befinden. Beispiel: Sprecher 1 bezeichnet sich als Nebel, Sprecher 2 wird Wind. Dementsprechend haben fast alle Strophen eine darauf antwortende, was Formal die Koevolution der Sprecher unterstützt.

Die Wiederholungen? Das Kreisen? Das ist kein rhetorischer Unfall. Es ist wie bei zwei Menschen, die nie gleichzeitig zuhören. Es ist Echo gegen Widerstand.

Ich versteh, wenn man das schwer findet.
Aber vielleicht muss manche Klarheit erstmal zersplittern, bevor sie überhaupt verständlich ist. Letztendlich geht es um die Dialektik der Wahrheit in einer Beziehung, in der mehr gespielt als gesagt wird.

Danke für das Feedback,
evermore
 
Hallo @evermore,

In seiner epischen Länge sicher schwere Kost. Doch mir gefallen die kreativen Sprachbilder und die Stimmungen die sie erzeugen. Inhaltlich auch sehr spannend, muss es aber noch ein paar mal lesen, um die Konzeption in allen Facetten zu verstehen. Ich erkenne es als Antworten auf einander und einige Hinweise hast du oben ja schon gegeben.

Beste Grüße

Friedrich
 
  • Friedrich
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